Hofmark Spielberg

Vorwort

Um eine Ortsgeschichte zu schreiben, braucht man Information. Die eigene Erinnerungen reichen nicht weit zurück. Frühere Bewohner haben nichts aufgeschrieben. Sie konnten nicht schreiben, denn erst ab 1800 lernten die Kinder lesen und schreiben, damit sie wenigstens ihren Namen schreiben konnten. Aufgeschrieben hat der Pfarrer, wem er die Sakramente gespendet hat, Taufen, Heiraten, Beerdigungen. Dazu war er durch sein Amt verpflichtet und die Vorgesetzten haben es kontrolliert. Der Häuserbuch-Teil der Ortschronik enthält deshalb Namen, Geburtsdaten, Heiratsdatum und unvollständig die Sterbedaten.  Das haben wir aus den Taufbüchern, Heiratsbüchern  und Sterbebüchern zusammen gesucht.  Doch Namen und Datum alleine sagen wenig über die Lebensumstände. Wer hat sonst noch etwas aufgeschrieben, was heute noch erhalten ist? Es waren die Beamten, die Steuern einkassieren mussten, denn sie hatten ihren Vorgesetzten Rechenschaft abzulegen. Der Staat kassiert nicht nur Steuern, er gibt seinen Bürgern auch Sicherheit und garantiert das Eigentum, vor allem das Grundeigentum. Heute heißt das Grundbuch.  Im folgenden geht es immer um Steuern und Behörden.  Richtig gelesen verraten die Akten eine Menge über das frühere Leben, obwohl das nicht die Absicht der damaligen Schreiber war.

Der Hoffuß

Zum Verständnis muss vorweg der Hoffuß erklärt werden. Das sind die Bruchzahlen, die immer wieder im Zusammenhang mit Häusern genannt werden. Der Hoffuß ist der Steuersatz.
1/1  war der Ganzbauer, ein Vollerwerbslandwirt mit 100 Tagwerk Grund und 4 bis 6 Pferden.
1/2 war der Halbbauer, auch Landwirt, aber mit einem halb so großen Hof.
1/4 war ein "Gütler", Nebenerwerbs-Landwirt, wenig Grund, meist mit einem Gewerbe, zB. Wagner
1/8 war eine "Sölde", meist ein Handwerker mit etwas Landwirtschaft, etwa der Müller
1/16 war der Häusler, ohne Ackerbau, er lebt von seinem Beruf oder ist  Taglöhner.
1/32 hatte nur eine Haushälfte oder andere Unterkunft.

Die Steuer, das war die heutige Grundsteuer, wurde mit dem Hoffuß berechnet. Der Ganzbauer zahlte den vollen Steuersatz, die anderen nur einen Bruchteil davon. An der alten Bausubstanz in den Dörfern kann man diese Einstufung heute noch gut erkennen, denn die Größe der Gebäude folgte dieser Abstufung. Das Ansehen in der Dorfgemeinschaft, die soziale Einstufung,  folgte genau dem Hoffuß.   

Entstehung der Hofmark

Auf unserem guten Ackerboden wurde schon immer Getreide angebaut.  Als die römische Herrschaft durch die Völkerwanderung verfiel, kamen unsichere Zeiten für die Bauern. An günstigen Stellen wurden Burgen gebaut, in denen sich die Bauern bei Gefahr mit ihrem Vieh in Sicherheit bringen konnten.  In Flurnamen wie Schloßberg, Burgstall u.a. steckt noch die Erinnerung an diese Burgen. Die Burgherren lebten von den Abgaben der Bauern. Als die Wittelsbacher Herzöge ihre Herrschaft über Bayern etablierten, wurden aus den ritterlichen adeligen  Burgherren Beamte oder Militärs im Gefolge der Wittelsbacher. Ihren  kleinen Herrschaftsbereich über das Dorf, genannt Hofmark behielten sie. Manche wohnten mit der Familie weiter in einem Schloß oder Burg im Ort. Allerdings waren diese Gebäude, selbst die anspruchsvollen Barockschlösschen, nicht beheizbar und damit im Winter unbewohnbar. Nach dem Ende der herbstlichen Jagdsaison  ist die adelige  Familie bis Ostern  in die Stadt gezogen.

In Spielberg waren die Barone Lerchenfeld und in Günzlhofen Barone Imhof  Jahrhunderte lang  die Herrschaft. Man muss sich diese Familien als weit verzweigte Klans vorstellen. Dabei sieht man immer nur die Männer.  Über die Frauen und  die Töchter, waren die Adelsfamilien praktisch alle verwandt, nicht nur in Bayern, sondern europaweit. 
Die Imhof gehörten zum Augsburger Patriziat und hatten ihren Wirkungskreis überwiegend in Schwaben, das damals noch nicht bayerisch war.
Die Lerchenfeld  saßen eher in der Reichsstadt Regensburg und hatten den Stammsitz in Unterbrennberg im Landkreis Regensburg, nördlich der Donau.
Da es hier um Oberschweinbach geht, soll dies nur erklären, warum diese Adeligen zwar die Herren unserer Orte waren, selbst aber nie hier aufgetaucht sind, sondern nur die Steuern aus dem Ort kassiert haben.

Die Abwesenheit der Herrschaft hatte auch Vorteile. Von den Untertanen wurden keine Scharwerksleistungen gefordert. So nannte man  Einsatz der Dorfbevölkerung für Arbeiten in der Landwirtschaft des Schlosses, beim Wegebau oder als Treiber bei der Jagd des Schlossherrn. Für Ärger sorgte meist der Ernte-Einsatz, wenn die Bauern die eigene Ernte verderben sahen, weil sie die Ernte des Herrn einbringen mussten. Dieser Vorteil war jedoch nicht umsonst. Schon im Steuerbuch 1671 heißt es beim Bauern Georg Tangler Scharwerkgeld 5 Gulden.  Die Herrschaft kassierte Geld anstelle von Arbeitsleistung. Selbst die armen Häusler mussten 2 oder 3 Gulden Scharwerksgeld zahlen. Das waren die einzigen Abgaben in Geld. Die anderen Abgaben, entsprechend der heutigen Grundsteuer, erfolgten in Naturalien: Kleindienst (Hühner,  Eier und  Butter) und  Getreide (Roggen und Hafer). Das war fast noch das mittelalterliche Verhältnis von Herr und Untertan aus einer Zeit ohne Geld-Wirtschaft.

Landgericht Dachau

Dass Oberschweinbach und Günlhofen bis 1848 Hofmarksorte waren, ist Zufall. Andere Dörfer, wie Längenmoos unterstanden  direkt dem Landgericht Dachau. Das Pfleggericht Dachau reichte vom Münchener Burgfrieden bis zur Glonn. Die Dörfer Schwabing, Neuhausen und Sendling wurden in Dachau verwaltet.  Die Klosterhofmark Fürstenfeld war neben der Hofmark Indersdorf die größte Hofmark im Gericht Dachau. Erst 1823 wurde das Landgericht Fürstenfeldbruck gebildet. 

 In Längenmoos erinnert nur der Flurname "Schloßfeld" an eine verschwundene frühmittelalterliche Herrschaft. Für Längenmoos war das Amt Esting als Zweigstelle des Dachauer Landgerichtes zuständig.

Andere Hofmarken im Vergleich

Es gibt in der Umgebung Hofmarksorte mit Schlössern, die wirklich Wohnsitz der Adeligen waren  Zum Beispiel Odelzhausen.  Dort hat die Herrschaft die Entwicklung der Orte beeinflusst, indem sie qualifizierte Handwerker im Ort ansiedelte, die auch  Qualitätsansprüche der Adelsfamilie bedienen konnten, wie  die aufwendigen Garderoben der Barockzeit. Diese Handwerker versorgten mehr als den örtlichen Markt und förderten zugleich die Autarkie des Schloßbetriebes.

Großbetriebe wie Brauereien wurden gegründet mit den dazu notwendigen Hopfengärten oder in Taxa ein Kloster als beliebter Wallfahrtsort.
So blühte in diesen Hofmarken die Wirtschaft auf  und die Herrschaft erhöhte ihre Steuereinnahmen.

In Günzlhofen und Oberschweinbach gab es wegen der Abwesenheit der Herrschaft  keine solche Entwicklung. Wir blieben reine Bauerndörfer mit wenigen  für den bäuerlichen  Eigenbedarf erforderlichen Handwerkern.

Verwaltung der Hofmark, Archivalien zu Oberschweinbach

Die Behörden der Barockzeit hatten erstaunlich wenig Personal. In der Hofmark gab es einen Richter, über dessen Person unten mehr steht.
Der Schreiber war sein Angestellter und wurde vom Richter bezahlt .
Im Ort gab es einen Polizisten, der im Amtshaus eine Dienstwohnung hatte und für alles zuständig war, sogar für die Instandhaltung des Amtsgebäudes. Für seine Arbeit brauchte er zwei Knechte und zwei Pferde.
Alle Beamten bekamen kein Gehalt, sondern lebten von den Gebühren für ihre Tätigkeit.

Die Verwaltung ist für die Ortsgeschichte interessant, denn sie hat Akten hinterlassen, die bis heute im Staatsachiv erhalten sind und die Quelle der vorliegenden Geschichte sind.  Alles ist mit diesen örtlichen Archivalien belegt und nicht aus Fachbüchern  abgeschrieben.  Zum besseren  Verständnis wurde versucht, die Dokumente zu erklären. In den Archivalien geht es nur um die Steuern, denn die Beamten schrieben keine Literatur für spätere Heimatforscher,  sondern rechneten  korrekt ihre Arbeit ab. Was jeder wusste, wurde nicht aufgeschrieben. Es muss dem heutigen Leser erklärt werden.

Dreißigjähriger Krieg

Die Ortsgeschichte beginnt mit dem Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648), über den nur zu berichten ist, dass er für die Landbevölkerung hier unvorstellbar grausam war.  Bis 1632 hat das bayerische mit dem kaiserlich österreichischen Heer Norddeutschland verwüstet, doch 1632 haben  die von den Protestanten zu Hilfe gerufenen Schweden Bayern erreicht und alles zerstört. Wer nicht rechtzeitig fliehen konnte, ist umgekommen.  Bevor das Leben wieder normal war, kamen die Schweden 1648 noch einmal  und zerstörten noch einmal alles.
Von den  vor 1650 vorhanden Archivalien, wie die Taufbücher, Heiratsbücher und Sterbebücher der Pfarrei Günzlhofen, ist nichts übrig geblieben.  Da es auch keinen Pfarrer mehr im Ort gab, beginnen die Eintragungen im Taufbuch spärlich im Jahr 1651. Heiraten sind erst ab 1664 wieder normal registriert.  
Der Neu-Aufbau der Dörfer war schwierig. Jeder der es sich zugetraut hat, ein Haus oder einen Bauernhof aufzubauen, bekam eine Chance dazu. Viele haben es nicht geschafft, denn  Vieh  musste gekauft und neu gezüchtet werden. Die Felder waren verbuscht und mussten gerodet werden. Bauholz für die Häuser musste erst im Wald gefällt und zu Balken bearbeitet werden.
Bei den Neusiedlern wissen wir nicht, wo sie her gekommen sind. Sie gelten als "Tiroler", denn viele kamen vom Alpenrand, der von den Schweden nicht erreicht wurde.

Steuerbuch von 1671

1671 ordnete der Kurfürst eine Bestandsaufnahme für das ganze Land an. Dieses "Steuerbuch von 1671" ist für Hofmark Spielberg und Günzlhofen erhalten. Es nennt vier Bauern:
Als erster wagt Johann Bals den Aufbau. Er kaufte "vor 30 Jahren", also 1641 die leere Hofstatt, Hofname Bals Kreisstraße 38
1649 heiratet Peter Huber die Tochter von Wolf Magg,  Kreisstraße 46
1653 kaufte Georg Tangler von der Herrschaft. Das wurde der Schloßbauer.
,Tangler


Nicht jeder hat den Aufbau eines Hofes geschafft:
Haykolk

 Georg Haykolckh ist von seinen Hof  "nächtlicher weil davon gezogen (und hat) den Stadel angezündet", worauf Haus oder Gut vergantet worden. . Martin Thoma, vorher in Mittelstetten, hat den Hof von der Herrschaft auf der Gant angenommen, später Franzbauer Kreisstraße 48

Als größeres Anwesen ist noch  der Müller zu nennen: Wolf Vell (Yell) hat 1665 die Witwe von Michael Loder geheiratet, Hauptstraße 40

1671 sind außerdem  zehn Häusler genannt, die jeweils eine Kuh besitzen. Ein Haus hat der Alt-Bauer Wolf Magg als Austragshaus. Die Häusl stehen in Gruppen bei den Bauernhöfen. Sie  lassen sich weder auf spätere  Hausnummern zuordnen, noch ein Familien-Zusammenhang herstellen.

Insgesamt stehen 1671 also 15 Wohngebäude: 4 Bauernhöfe, der Müller und 10 Häusler ohne Landwirtschaft.

Steuern eines Bauern nach Steuerbuch 1671

Nach der Abbildung oben steuerte Georg Tangler "außer Kleindienst und 5 fl Scharwerksgeld an Getreide
2 Scheffel Roggen
4 Scheffel Korn (Weizen)
6 Scheffel Hafer (Pferdefutter)
nach Dachauer Maß.
Ursprünglich war der "Zehent" jede zehnte Getreidegarbe. Diese einzusammeln war unpraktisch, weshalb man sich auf Ablieferung von ausgedroschenem Getreide einigte. Scheffel ist ein Hohlmaß und misst die Getreidemenge unabhängig vom Feuchtigkeitsgehalt. Ein Scheffel ist etwa ein Doppelzentner und im Durchschnitt 6 Gulden wert.

Kriege und ihre Auswirkungen auf Oberschweinbach

1704, im Spanischen Erbfolgekrieg, und 1741 wieder im Österreichischen Erbfolgekrieg wurde Bayern  von Österreichischen Truppen besetzt. Das Militär wurde in ein anderes Land als Besatzung geschickt, um sich auf Kosten der dortigen Bevölkerung  selbst zu versorgen. 1704 wurde das Dorf Harthausen (bei Friedberg) abgebrannt.  Für die Dorfbewohner war die Besatzung eine Katastrophe. Die Soldaten nahmen der Landbevölkerung mit Gewalt sogar die Existenzgrundlage weg. Sie haben die Kuh geschlachtet, die sie melken wollten.
 Die Österreichischen Hilfsvölker (Kroaten) brachen in das Schloss Spielberg ein, fanden aber keine Schätze. Dafür verwüsteten sie die Registratur.  Alles vor 1704 fehlt. Ab den 1730-erJahren sind nur Fragmente vorhanden. Bis 1754 fehlen die Protokolle völlig.  Um 1800 kamen zu allem Überdruss noch französische Truppen und vernichteten wieder Protokolle.  Es liegt also an der großen europäischen Geschichte und Politik, dass die Chronik unseres Dorfes lückenhaft ist. Nur die Pfarrer in Günzlhofen haben ihre Bücher versteckt und bewahren können. Auf die Pfarrmatrikel baut das vorliegende Häuserbuch. in der Zeit vor 1812.

Verwaltung der Hofmark, Gerichtsbücher

Die Hofmark war  in ihrem Gebiet für alles zuständig, was heute Finanzamt  und Amtsgericht (mit Grundbuchamt) erledigen. Da die Herrschaft weit entfernt hinter Regensburg in Unterbrennberg wohnte, beauftragte sie den Hofmarksrichter, der für Kloster Ettal die Hofmarken Aubing und Maisach verwaltete. Zu bestimmten Gerichtstagen kam er mit seinem Schreiber nach Spielberg und erledigte die Geschäfte in Spielberg im Nebenberuf. Er kassierte dafür die anfallenden Gebühren.
 Da 1704 alles Vorhandene vernichtet worden ist, musste er im Mai 1704 ein neues Buch anfangen. Die Titelseite ist ein dd
kalligraphisches Kunstwerk des Schreibers.
geburtsbrief

Geburtsbrief

Einen Geburtsbrief brauchte, wer sich außerhalb der Hofmark nieder lassen wollte.  In diesem Protokoll hat sich der Richter persönlich vorgestellt.
Beispiel: 6.Juli 1728
Ich Petrus Segmiller Closter Ettalischer Gerichtsverwalter und Kastner zu Maisach und Aubing, dann hochfreiherrlicher Lerchenfeldischer und hochadelich Ruffinischer Hofmarksverwalter zu Nannhofen verkünde hiermit von Amts- und Obrigkeit wegen dass anheunt dato vor mir erschienen der ehrbare Ulrich Sedlmayr von Oberschweinbach gebürtig .....

Zwei Zeugen, Anton Wenig Jäger, 50 Jahre alt und Hans Probst Mesner zu Unterschweinbach 52 Jahre alt versichern an Eidesstatt, dass des Antragstellers Ulrich Sedlmayr Vater und Mutter, beide nunmehr seelig, vor 39 Jahren in der Kirche Weikertshofen geheiratet haben, den Sohn Ulrich vor 31 Jahren in Günzlhofen taufen ließen  usw. 
Oft steht im Geburtsbrief der Zielort, zum Beispiel am 30.7.1763 Josef Glück,  Sohn des Schloßbauern erlernte in München das Bortenmacher-Handwerk und ließ sich dann in Schrobenhausen nieder.

Der Richter war mit großem Eifer bei der Arbeit, denn die Gebühren waren sein Einkommen. Der Schreiber musste flink sein, alles mit zu schreiben. Die Dorfleute konnten nicht schreiben. Um Geldbeträge zu quittieren, brauchte man den Richter und seinen Schreiber. Bei Heiraten spielte das Heiratsgut eine große Rolle, denn der oder die ein heiratende Partner/in erwarb mit dem eingebrachten Heiratsgut das Hälfte-Miteigentum am Haus oder Hof. Das wurde in einem Ehevertrag (Heiratsbrief)  vereinbart und die Zahlung vom Gericht überwacht.

Zur Hofmark Spielberg gehörten neben dem Ort Oberschweinbach noch 7 Anwesen in Mammendorf, 9 Anwesen in Unterschweinbach, ein Hof in Waltershofen und eine Sölde in Pischertshofen. Baron Lerchenfeld wird diese Höfe für seine Dienste beim bayerischen Herzog bekommen haben. Arme Häusler brachten dem Herrn kaum Einnahmen, aber große Bauernhöfe wie der Wirt oder der "Kaltenbacher"  in Unterschweinbach zahlten schon nennenswerte Beträge.

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Siegelung der Urkunden durch Freiherr Lerchenfeld

Die vom Richter erstellten Urkunden wurden erst rechtskräftig, wenn sie vom Hofmarksherrn mit Siegel versehen wurden. Die Urkunden eines Jahres wurden gesammelt und am 26.September  1731 zu Baron Lerchenfeld gebracht.

Mit der Siegelung hatte der Hofmarksherr auch eine Kontrolle über seine Einkünfte. Die Gerichts- Schreib- und Strafgebühren durfte der Richter als sein Einkommen behalten, aber die größeren Beträge, die Laudemien, kassierte die Herrschaft selbst. Heute nennt man das Grunderwerbsteuer und Erbschaftssteuer.  Damals war das Laudemium (wörtlich "Herrenlob")  bei jedem Eigentümerwechsel einer Immobilie in Höhe von 7,5 % des Verkehrswertes fällig.  Bei Hofübergabe oder Erbschaft  wurde der Wert geschätzt, bei einem Kauf  steht der Preis im Vertrag und bei einer Einheirat ist es der Betrag des Heiratsgutes.  Wie heute gilt  ein Vertrag  erst nach Zahlung der Steuer und bekommt das Siegel. Der Zugriff der Behörde erfolgt in dem Moment, in dem das Geld auf dem Tisch liegt und für die Zahlung aus dem Versteck geholt wurde.

Wegen der hohen Müttersterblichkeit nach den vielen Geburten mit anschließender Wiederverheiratung des Mannes  brachte das Laudemium auf das Heiratsgut  der  Frauen gute Steuer-Einnahmen. 

Weitere Urkunden-Siegelung 14.August 1734

Ihro hochfreyherrl. Gnaden, hoch- und wohlgeborener Freyherr gnädig hochgebietender Herr Herr.

Euer hochfreyherrl. Gnaden haben hierbei nach anschließender Spezifikation 44 Brief  untertänig übersenden wollen, dass dieselben gnädig geruhen wollen, solche mit dem großen Insiegl verfertigen und mir zurück kommen lassen, damit ich solche selbig Untertanen zustellen khundte. Wobei die darbey liegenden Reversbrief bei dero Gnädigen Händen zurück behalten werden können.

Weil ... Johann Pals, Bauer seinen Anfall (=Laudemium)  100 Fl. ...(schon)  erlegt , tue ich solchen ,, behalten, bis Euer Graden verlangen, ob (ich) dieselben nach Aham (Lerchenfeldische Hofmark Ammerland am  Starnberger See) oder ...  Nymphenburg nach München ...   erlegen sollte.

Euer hochfreyherrlichen Gnaden berichte auch amtshalber untertänig , dass Herrn Baron von Lerchenfeld Pfarrherr von Endlhausen, ... .. Mittwoch, den 11. auf das  Benefizium zu Spielberg  aufgezogen sei und auf derselben Verlangen nit nur allein zu Abholung der Pagage eine Schwarwerkfuhr nach München abgeführet, sondern auch vor (für) die 3 Bedienten die nöthigen Maderanzen (Matratzen) und erdenes Kuchelgeschirr ausfolgen zu lassen angeschafft habe, aber verboten habe, dass der Gnädig Herrschaft Bett und Zinngeschirr  versperrt und verwahrt bleiben soll.

Die Rechnungen pro a. 1733, so bald selbige abgeschrieben , werde ich gleichfalls negstens ad Ratificandum untertänig übersenden.

Das solang anhaltende Regen Wetter verursacht im hier ganzen Revier ein allgemeines Lamento, weil sowohl Winter- als Sommer-Gertreid  im solang es regnet da liegen und stark auswachset und auf noch lengers Anhalten Schlechte wenig zu Nutz gebracht werden kann ....  

Benefizium bei der Schloßkapelle

Ein Benefizium ist meist  ein Altersruhesitz für einen Priester mit ausreichenden Einkünften für den Lebensunterhalt, aber ohne große Pflichten. Nur einmal wird ein  Benefiziar in den Spielberger Protokollen genannt, als ein Testament-Vollstrecker bestellt wird . Nur  über seine Köchin wurde mehrmals vor Gericht geklagt.   

Wirtshaus-Raufereien

In Oberschweinbach gab es vor dem Jahr 1800 keinen Wirt, aber der Unterwirt in Unterschweinbach gehörte zur Hofmark. Wenn Oberschweinbacher Bier trinken wollten oder eine Hochzeit feiern,  durften sie das nur in Unterschweinbach.   In Günzlhofen war auch ein Wirt, doch das war eine andere Hofmark, gewissermaßen verbotenes Ausland. Bis  die Oberschweinbacher vom Unterwirt heim liefen, wurden sie wieder nüchtern.

Um 1730 wurde Johann Peter Vöst, ein gelernter Brauer, im Schloß als Bräumeister angestellt.  Er heiratet 1736 und lässt bis 1744 Kinder taufen. So lange gab es eine Brauerei im Schloß und im Bräustüberl hat Vöst ohne landgerichtliche  Konzession Bier ausgeschenkt.  Die Betrunkenen haben oft zu streiten angefangen. Das führte zu gerichtlichen Protokollen.

 1704 und 1705 enthält der Protokollband normale Notargeschäfte (Hofübergaben, Heiratsbriefe, Nachlässe), doch dann sind plötzlich ab 1716 datierte Fragmente von Strafsachen eingebunden.  Kriminalität kommt darin nicht vor. Es sind nur Bagatellen.

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 abgebildetes Beispiel (undatiert, 1716):
Straf: Martin Hueber Paur von Unterschweinbach hat mit Hansen Inhuber von Oberschweinbach im Wirtshaus zu ersagtem Unterschweinbach einen Grimhandl gehabt und der erste dem letztern beim Haar hergenommen . Worüber sie sich verglichen , dass Hueber das Gericht auszustehen übernommen, ist dahero er gestraft worden zu 1/2 Pfund Pfennig.

Links stehen die Gebühren: 1 Gulden 17 Kreuzer. Der Richter durfte nicht willkürlich Strafen verhängen, sondern musste genau nach dem Gesetz (Bayerisches Landrecht) verfahren. Deshalb tauchen hier zwei Währungen auf: Im Gesetzbuch stehen als Strafmaß  die alten bayerischen Pfennige, von denen 240 ein Pfund ergeben.  In Gebrauch als Zahlungsmittel sind die kaiserlich österreichischen Gulden, 60 Kreuzer (X) ergeben einen Gulden (fl = nach Florentiner). Zwischen den Währungen gab es keinen festen Wechselkurs.  Der Wert des Gulden schwankte grob vereinfacht mit dem aktuellen Goldpreis.  Die Aufteilung der Beträge zeigt, was dem Richter, dem Schreiber und dem örtlichen Polizisten zu stand.

Die Eskalation zur Wirtshaus-Rauferei folgte genauen Spielregeln:

Nach Schmähreden folgten Beleidigungen, dann Handgreiflichkeit, Ohrfeigen,  "an den Haaren gezogen", "trockenes Gerauf", "blutiges Geraufe" mit Wunden, die der Bader flicken musste.   Als Waffen dienten die Wirtshaus-Stühle, zuerst die Stuhlfüße, dann der Rest des Stuhles . Nur einmal ist ein Messerstich erwähnt, doch ernsthafte Verletzungen oder gar Tote durfte es nicht geben. Beispiele für die Formulierungen:
"mit dem Bierschlegel aufm Kopf geschlagen"
"mit Streichen übel traktiert, dass er am linken Aug völlig überschwollen und blau gewesen".

Der Wirt erhob nie eine Klage wegen Beschädigung des Mobiliars. Die Bänke und Stühle waren so robust, dass sie die Rauferei aushielten oder waren leicht reparierbar.  Die Bierkrüge waren aus Holz, vom Schäffler gefertigt und unzerbrechlich.
Für einen Mord wäre der Hofmarksrichter nicht zuständig gewesen, sondern das Landgericht Dachau  als nächsthöhere Instanz.

Heiratsalter und Kindersterblichkeit

Das Heiratsalter der Frauen lag um die 30 Jahren. Eine dreißigjährige Frau hatte 10 Schwangerschaften zu erwarten. Wenn sie schon mit 20 Jahren geheiratet hat, musste sie mit 20 Schwangerschaften rechnen. Die große Geburtenzahl war notwendig, damit wenigstens ein oder zwei Kinder erwachsen wurden, eine neue Generation gründen und die Alten versorgen konnten. Bei einer Säuglingssterblichkeit zwischen 50  und 100 % gab es kein Bevölkerungs-Wachstum.  Es ist nicht möglich, eine Statistik der Kindersterblichkeit zu erstellen, denn vor 1810 haben die Pfarrer zwar die Kinder im Taufbuch, aber nicht im Sterbebuch eingetragen. Die Kinder wurden ohne große Zeremonie in einer Ecke des Friedhofes begraben.  Gut situierten Müttern, Frauen von Großbauern, ist es schon gelungen mehrere Kinder aufzuziehen und den Zeitabstand zwischen den Geburten von ein auf zwei bis drei Jahre zu verlängern.

In den Putten, die sich um die Barock-Altäre fröhlich tummeln, sahen die Frauen ihre gestorbenen Säuglinge wieder und konnten jedem Putto einen Namen geben.  

Leichtfertigkeitsstrafen

Als "Leichtfertigkeit" wurde bestraft, wenn eine nicht verheiratete Frau schwanger wurde oder schon nach  weniger als 9 Monaten nach der Heirat geboren hat. 
Beispiel
nmm
418r
Leichtfertigkeits-Straf den 6. Oktober (1734)
Paul Wagner Gütler zu Aufkirchen Spielberg(ischer) Hofmark Untertan hat mit Maria seinem nunmaligen Eheweib vor der priesterlichen Copulation  die rdo (reverendo) Leichtförtigkeit verübt, dahero er neben ernstlichen Verweis  neben 6  und sie neben 4 tägiger Amtshaus Straf per 2 Pfund Pfennig (verurteilt). die Antragung der Eisen und Geigen aber zu Ehren des heiligen  Ehestands nachgelassen worden.
 
Strafe 7 Gulden.
 Der Titel "leichtfertig" klingt seltsam, ist aber zutreffend. Es war aus damaliger Sicht unverantwortlich, Kinder zu erzeugen, deren Existenz nicht gesichert war.

Ein junger kräftiger Bauernknecht bekam als Jahreslohn vor dem Jahr 1800 nur  10 Gulden, ausbezahlt an Maria Lichtmess, 2. Februar. Dazu bekam er vom Arbeitgeber Essen, einfache Arbeitskleidung,  eine Schlafstelle im Haus und eine Beschäftigungsgarantie für ein Jahr.   

Bei armen Frauen (Bauernmägden)  hatte der Richter das Problem, dass sie keine Strafe bezahlen konnten. Da blieb nur die "Schandstrafe" , sie wurden  am Sonntag vor der Kirche in die "Geige" gesperrt. Das war ein Holzgestell  um den Hals, an der Kirchenwand befestigt, um Übeltäter dem Spott der Gemeinde auszusetzen. Für die Männer gab es den "Block" oder "Eisen"  (angekettete Handschellen)  in den sie mit Händen und Füßen eingesperrt wurden. Gerne wartete der Richter mit der Vollstreckung einige Wochen, ob die Deliquenten nicht doch einige Gulden brachten und demütig darum baten, die Schandstrafe in eine Geldstrafe (in die Tasche des Richters) umzuwandeln.

Amtshaus
12.2.1731 Ein Bauernknecht hatte eine Bauernmagd geschwängert. Strafe er "auf 14 und sie 10 Tag ins Amtshaus mit Wasser und Brot, auch Antragung der Eisen und Geigen condemniert worden."

Nach heutigen Vorstellungen sind die Leichtfertigkeitsstrafen unverschämt, verfolgten jedoch einen bestimmten Zweck:

Sozialsystem der Barockzeit

Die soziale Absicherung der Landbevölkerung bis 1865 baut auf zwei Voraussetzungen:

1. Nur verheiratete Paare dürfen Kinder bekommen
2. Nur Paare mit Immobilien-Eigentüm dürfen heiraten.

Diese Prinzipen wurden rigoros durch gesetzt,  das zweite mit Erfolg. Die unehelichen Kinder wurden so schlecht behandelt, dass sie nach 3 Wochen in den Himmel kamen.

Mit zwei Elternteilen war die Existenz der Kinder gesichert, bis sie ab dem 12. Lebensjahr "ihr Stück Brot selbst verdienen" konnten.

Die Immobilie, selbst ein kleines Häusel, sicherte die Familie. Arbeitsunfähige Alte übergaben das Haus an die nächste Generation und ließen sich dafür versorgen. Waren keine eigenen Kinder vorhanden, fand sich jemand in der Verwandtschaft oder ein fremder Käufer für das Haus.

Das Idealmodell ist: Ein Paar heiratet mit 30 Jahren, wirtschaftet auf dem Haus bis zum 60. Lebensjahr und übergibt an das älteste Kind, das dann etwa 30 Jahre alt ist. Das Heiratsgut des  einheiratenden Partners ist der halbe Wert des Anwesens. Damit kann ein Geschwister des erbenden Kindes in ein gleichwertiges Anwesen einheiraten.  Das Heiratsgut läuft also nur im Kreis.  Bei ein oder zwei Kindern geht die Rechnung auf.  Weiteren Kindern blieb nur der soziale Abstieg in ein kleineres Anwesen, für das der Erbanteil reichte. Gab es kein Erbe, war lebenslanger Dienst als Knecht oder Magd eines Bauern das ausweglose Schicksal.

Wovon lebten die Oberschweinbacher vor 1800

Zunächst sind die 4 Bauern zu nennen, nach heutiger Terminologie Vollerwerbs-Landwirte. Die vier Höfe liegen verstreut im Gelände. Es waren  ursprünglich Einödhöfe, Einzelhöfe. Um jeden Hof scharten sich Tagwerker-Häuschen. Hier wohnten Familien, die während der Arbeitsspitzen zur Erntezeit beim Bauern mit gearbeitet haben und dafür etwas Getreide bekamen. Die übrige Zeit des Jahres versuchten sie  auf andere Weise Geld zu verdienten.

Der Müller hat das Getreide zu Mehl gemahlen. Das kleine Wasser-Rinnsal musste er im Weiher aufstauen, damit es kurze Zeit sein Mühlrad angetrieben hat.  Groß konnte der Betrieb nicht werden, es reichte gerade für den örtlichen Bedarf. Dafür hatte unser Müller kein Hochwasser-Problem wie die Mühlen an größeren Gewässern. 

Alle anderen Oberschweinbacher waren Tagwerker mit Nebenverdienst. Vor 1800 hatten sie keine Landwirtschaft, keinen Getreideacker, aber eine Kuh, die in der Gemeinde-Herde mit gelaufen ist und fast ganzjährig im Freien war. Stall gab es vor 1800 keinen und nur eine kleine Menge Winterfutter für Tage mit Schnee. Die Kuh sicherte die Milch-, damit Eiweiß und Fett-Nahrung der Familie.

Die Gemeindeherde wurde vom Hüter betreut. Er war ein Angestellter der Gemeinde und wohnte im Hüthaus oder Gemeindehaus. Er war der einzige, der ohne eigene Immobilie eine Heiratserlaubnis bekam. Dafür war die Gemeinde gegenüber dem Hüter unterhaltspflichtig.   Die Fluktuation der Hüter war enorm. Oft waren sie nur ein Jahr in einem Ort, dann suchten sie wo anders unter zu kommen.

An feuchten Stellen hatten die Häusler ein "Krautstück" eine winzige Parzelle für Kraut und Rüben. Viel Gemüse, wie Kartoffeln, Tomaten und Gurken kannte man noch  nicht,  wusste aber  welche Wildpflanzen und Früchte essbar waren.

Hühner waren nachts unter der Eckbank in der Stube sicher unter gebracht. Brennholz holte man aus dem Gemeindewald. So waren auch die Häusler autark, lebten aber so ärmlich, dass sie kaum Kinder aufziehen und mit Heiratsgut ausstatten konnten.

Gewerbe in Oberschweinbach vor 1800, Neubauten von 1671 bis 1812

Im Steuerbuch 1671 wird  nur bei  Simon Winklmayr als Beruf Kaminkehrer angegeben. Über die Kamine folgt unten ein eigenes Kapitel.

Gehen wir in der Reihenfolge der Hausnummern von 1812 durch den Ort:  Bauern und Müller sind ausgelassen, es geht nur um die anderen  Berufe.

1.  Der Schloßschmied ist ab etwa 1700 nachweisbar. Schmied war ein "Ehhaft"-Gewerbe. Die Gemeinde garantierte den Lebensunterhalt, der Schmied verpflichtete sich zur Arbeitsbereitschaft, um schadhafte Geräte oder Hufeisen sofort zu reparieren,  insbesondere zur Erntezeit, Eine ausführliche vom Gericht protokollierte Vereinbarung zwischen Gemeinde und Schmied ist für Rieden (Gericht Friedberg) erhalten.

2. In Haus-Nr. 2 hat sich um 1700 ein Bäcker versucht. Bald gab es bei jedem Haus oder für zwei Nachbarhäuser gemeinsam einen Backofen. Als alle selbst Brot gebacken haben, wird kein Bäcker mehr genannt.

5. Beim Bergschuster, Haus-Nr. 5 wurde der Beruf zum Hausnamen, ab etwa 1730

6. Der  Schäffler Haus-Nr. 6 ist seit etwa 1700 nachweisbar.

7. Der Hausname Galland stammt von Gail oder   "Gall  And"(reas).  Als Beruf der Besitzer wird einmal Weber genannt.

8. Ein Kramer läßt ab 1726 Kinder taufen. Ob die Frau des Jägers Michael Sedlmayr Krämerin war ? Zu  Jägerhaus, Jägersölde, Jägergütl und Jägerbauer siehe die Geschichte des Jägers Anton Wenig. 

9. Um 1764 kaufte die Wagner-Familie Rupp aus Moorenweis,

11. Haus-Nr. 11 wurde um 1705 vom Zimmermann Markus Vöst gebaut und bekam nach ihm den Hofnamen "Marx"

13. Von Haus-Nr. 13 ist der Haus-Name interessant. Der "Hefenmann" holte die Bierhefe frisch aus der Brauerei (die nächste war in Maisach) und verteilte sie in kleinen Mengen an die Hausfrauen, die damit ihren Brotteig mischen konnten.

16.  Der Hafner hat sich 1709 angesiedelt
18 und .25.  war auch ein Schuster.  Damit gab es bis zu drei Schuster im Ort.

19. In Haus-Nr. 19 wohnte ein Weber.

20. und 29 Schneiderhans und Schneiderpeter waren keine Schneider, sondern Familiennamen.

22. Zu Haus-Nr, 22 gibt es keine Berufsangaben.

24.  "Sticker" klingt nach einem Beruf.

26. wird einmal als Rechenmacher bezeichnet

27 "Schleifer" könnte ein Messer- und Werkzeugschleifer sein.

36.  Der Schloßmaurer zeigt ab 1792, dass die Holzhäuser allmählich  durch gemauerte Häuser ersetzt wurden.

37. und 38 Die Hofnamen Mühlhauser und Grub scheinen sich auf die Lage des Hauses zu beziehen.

Urkunden ab 1756

Nachdem  bis 1735 nur noch Fragmente der Protokolle vorhanden sind, wurde 1756 nach Abzug der österreichischen Besatzung wieder ein neuer Band angefangen. Manchmal enthalten die Urkunden Details.  

7.März 1757
Der Witwer Matthias Schädl, Häusler Oberschweinbach verkauft sein Haus um 120  Gulden an Peter Klaß, Zimmermann aus Pfaffenhofen.  Im Preis enthalten sind der Garten, ein Krautstückl (Krautacker-Anteil) eine Kuh, ein kupferner Waschkessel, 1 Stroh- und  Gsottstuhl, ein Rübenschaff
Der Verkäufer behält das Wohnrecht im Häusl, Liegebett, Hals und Bein-Gewand Ein- und Ausgang in der ordinari Wohnstuben, die Liegestatt in der oberen Kammer, welche auf seine eigenen Kosten zu reparieren lebenslänglich ausgenommen, zur Pfriembd (Pfründe) blos von dem im Gärtl stehenden Holzbirn-Baum das 3. Viertel, so einige geraten.

Geldanlagen und Darlehen bei der Schloßkapelle

Die Sankt Salvator-Schloß-Kapelle in Spielberg hatte die Funktion wie die späteren Raiffeisen-Kassen. Verwaiste Kinder hatten Anspruch auf das Erbe, mindestens das Heiratsgut der Mutter.  Dieses Geld musste vom Vormund mündelsicher angelegt werden, als Einlage bei der Schloßkapelle. Das Eigenkapital der Kapelle (Benefizium) diente dabei als Einlagen-Sicherung. Das angelegte Geld wurde in kleinen Teilbeträgen gegen Sicherheiten und Zins verliehen, etwa zum Kauf oder Bau eines Hauses. Der Kreditnehmer stellte als Sicherheit noch Bürgen.  
Ab 1763 nehmen diese Geldgeschäfte in der Spielberger Hofmarks-Urkunden breiten Raum ein. Der Hofmarksrichter erledigte den Schriftverkehr, protokollierte Einlagen und Kredite  (Schuldbriefe), Bürgenstellung, kontrollierte die fristgerechte Rückzahlung von Raten und erstellte die Quittungen dazu. Die Gebühren waren sein Honorar. Der Zins war das Einkommen des Benefiziars.
Staatliche Mißwirtschaft machte das zu einem  Schneeballsystem:  Der barocke Staat war bankrott, Kriege und  fremde Besatzung  mutwillig. Da hatten die Leute keine Bedenken, für die Besatzungslasten Kredite aufzunehmen, die sie niemals zurück zahlen konnten und wollten. Als der bayerische Staat mit der Säkularisation den vermeintlichen  Reichtum der kirchlichen Institutionen enteignete, platzte die Blase. Es waren alles  uneinbringliche Forderungen.  Betrogen war nur, wer gutes Geld in die Kasse eingelegt hatte. 


Mißernte 1767 - 1770

Am 22. 2. 1768 protokolliert  die Hofmark Spielberg einen gemeinsamen Schuldschein der Bauern  über 1000 Gulden, "wegen des erlittenen Totalschauer zur Erkaufung von Speis- und Sam-Getreide aus Händen unserer hochgnädigen Hofmarks-Herrschaft. zu Spielberg".  Wir können annehmen, dass die Getreide-Abgaben der Bauern Jahre oder Jahrzehnte lang  nur im Schloß-Dachboden eingelagert wurden und erst bei einer so günstigen Gelegenheit teuer verkauft wurde.
 Der Vorgang ist  dubios. Erst geht es nur um 100 Gulden, dann aber um 1000.  Die Summe ist mit 5 % "landsgebräuchig" zu verzinsen und am 15,2,1769 zurück zu bezahlen. 
Die Schuld von 1000 Gulden verteilt sich auf
Bauern in Oberschweinbach
Jakob Träxl, Bauer   287 fl 30 Xr
Michael Träxl      187 fl., 30 Xr
Franz Steber Schloßbauer 150 fl
Franz Lichtenstern 100 fl
Peter Wurm   50 fl

Unterschweinbach
Martin Kistler   100 fl
Johann Pläbst Kumpfmüller 50 fl.
Franz Huber Gütler 25 fl
Aufkirchen
Johann Sigler Halbbauer 25 fl
Ferdinand Böck 25 fl
Summe 1000 Gulden.
So teuer konnten selbst Wucherpreise für etwas Saat- und Speise- Getreide nicht sein. Da wurden die Bauern übertölpelt.
 Den Schuldschein über 1000 Gulden konnte der Hofmarksherr  einem Bankier als Pfand geben und damit selbst Schulden machen. Alle Beteiligten wussten , dass das Papier nichts wert war, weil die Bauern nicht in der Lage waren, die Beträge zu bezahlen und nicht eingesehen hätten, dass sie zu ihrem Schaden  auch noch die Verschwendung der Herren ausgleichen sollten.

Ursache der Mißernte könnte ein wegen Ausbruch eines Aschenvulkans  verregneter Sommer sein. Der Vesuv (Italien) war in diesen Jahren aktiv, wobei eine Aschen-Eruption in der Umgebung des Vulkanes wenig Schaden anrichtet, wenn der Wind die Asche in höhere Luftschichten verteilt.
Die Münchener Stadtchronik berichtet ebenfalls von einer Hungersnot und im ganzen Gebiet sinken 1769 1770 die Geburtenzahlen drastisch.

Geburten in Pfarrei im Jahr:
1765
1766
1767
1768
1769
1770
1774
1772
1773
1774
Günzlhofen
30
26
32
24
30
19
24
18
25
30
Baindlkirch
29
20
22
15
5
11
15
22
22
30
Aufkirchen
26
34
25
27
29
26
19
11
18
20












 Bauern konnten den Ernte-Ausfall durch Kauf von Getreide auf Kredit  ausgleichen. Für die armen Häusler-Familien waren Kriegs- und Naturkatastrophen existenzvernichtend.  
Kartoffeln waren 1770 in Oberbayern noch unbekannt. Man ernährte sich fast nur mit  Getreide.

Ein weiteres Mißernte-Jahr ist besser erforscht: Im April 1815 brach in Indonesien der Vulkan Tambora aus. Seine Asche in der Luft ließ auf der Nordhalbkugel der Erde den Sommer 1816 ausfallen.  1816 war die Krise schlimmer als 1769, denn der bayerische Staat hatte nach der Säkularisation der Klöster (1803 - 1806) deren enorme Getreide-Vorräte verkauft, Im Krisenjahr war nichts mehr vorhanden. Protokolle für das Jahr 1816 fehlen in der Hofmark Spielberg.
Heute wissen wir: Die Ursache der Mißernten war eine Klima-Verschlechterung. Ab dem Mittelalter  wurde es ständig  kühler, erkennbar am Wachstum der Alpengletscher. Erst 1850 kehrte sich der Trend um. Seitdem wird es wärmer.


Umstellung auf Stallviehhaltung

Die Klima-Verschlechterung erzwang eine Umstellung der seit 2000 Jahren üblichen Landwirtschaft.

Der Getreide-Anbau erfolgte bis um 1800  in der Dreifelder-Wirtschaft. Jede "Lage" war in drei Felder eingeteilt, jedes Feld eingezäunt. Jeder Bauer hatte einen Anteil an jedem Feld.  Im Wechsel wurde einmal Sommergetreide, dann Wintergetreide angebaut und ein "Feld" lag brach und wurde von der Gemeindeherde ab geweidet und gedüngt.  Kurz vor 1800 wurde die Dreifeldwirtschaft aufgegeben und  von Weidevieh auf Stallviehhaltung um gestellt.Die Gemeindeherde gab es nicht mehr.
 Die Gemeindegründe wurden gleichmäßig an die Häusler verteilt. So  wurden diese  zu Klein-Landwirten. Die Kühe ließen den Mist nicht mehr direkt auf den Acker fallen, sondern die Menschen brachten den Mist vom Stall auf den Acker. Die nun verteilten, vorher nur beweideten schlechten Böden sollten von den neuen Kleinbauern intensiver als Ackerland bewirtschaftet werden..
Die Gemeindegründe wurden absichtlich nicht an die großen Bauern verteilt, denn diese wussten, dass darauf kein Getreide wuchs. Nur die armen Leute plagten sich damit ab. 

 Von 1800 bis 1950 wurde die Landwirtschaft von den Häuslern so betrieben. In den beiden Weltkriegen hat sich das bewährt und das Volk vor dem Verhungern bewahrt. Als die Männer in den Krieg mussten, haben die Häusler-Frauen alleine gearbeitet und weiter Lebensmittel produziert, während  die Bauern den Betrieb einstellten,  nachdem ihnen das Militär die jungen männlichen Arbeitskräfte und die Pferde weg genommen hat. 

  Um 1950 haben die Kleinbauern die Landwirtschaft  aufgegeben und sich andere Arbeit gesucht.

Bewirtschaftung und Verteilung der Schloßgründe

 Der Hofmarksherr heißt nicht mehr Lerchenfeld, sondern Leyden, Barocke Adelsnamen  und Titel passen nicht auf einen heutigen Personalausweis.
15.10.1799
Pacht-Contract
welcher zwischen dem hochwohlgeborenen Herrn Herrn Franz Xaver  des heil römisch. Reichs Freiherrn von Leyden auf Affing, Berg, Essenbach und Mattenhofen, Herr der Hofmark Spielberg, seiner churfürstl. Durchlaucht zu Pfalzbayern wirkl. Kammerer und Revisionsrat an der einen

dann den Orts-Spielbergischen Untertanen am anderen Teil, wegen den .... herrschaftlichen Oekonomie-Feldern und Wiesmathen, Ängern und Weihern auf vorhergegangenen beedseitigen reife Überlegungen errichtet worden.

Erstlichen überlassen und verpachten obgedachte .... Gnaden von Leyden den 9 Untertanen die bisher an Veit Christoph Peyerl Gerichtsverwalter zu Spielberg seit 28.12.1788 ebenfalls pachtweis genossene Feldgründe, die 1785 geometrisch ausgemessen, beschrieben und in Plan gelegt wurden , in allen 3 Feldern von Nr. 1 bis 70 ...
.. sämtliche Feldgründe sind vom bisherigen Pächter Peyerl in den letzten 6 Jahren im Winterfeld beguillet  worden, mithin in dem besten Zustand sich befinden".  Das Wort "Gülle" wurde schon gebraucht. Winterfeld, das trifft in der Dreifelder-Wirtschaft  jedes dritte Jahr, also zweimal in den 6 Jahren wurde Mist gestreut.
Der Berechnung der Pacht wurde der Ertrag zugrunde gelegt. Hier taucht neben Weizen,  Korn (=Roggen), Gerste und Hafer auch "Kern" auf. Das ist Dinkel, der in schlechten Jahren unreif als "Grünkern" geerntet werden konnte   und erst durch Rösten in einer Darre genießbar wurde. 

Kataster von 1812

1812 gab es eine Bestandsaufnahme zum Zweck einer einheitlichen Steuer-Erhebung, diesmal für den ganzen neuen Staat Bayern. Steuer auf Grundstücke war noch immer die wichtigste Steuer, denn "Einkommen" gibt es in einer Selbstversorger-Naturalwirtschaft nicht.

Die Grundstücke wurden  vermessen, deren Ertrag geschätzt und Hausnummern vergeben.
Wir  kommen  auf 38 Hausnummern. Wann die 23 neuen Häusel gebaut wurden, verraten die Archivalien nicht. Ab 1812 lassen sich die Hausbesitzer lückenlos belegen und passen zu den Familiendaten in den Pfarrbüchern.  Nur der "Datenschutz" in der Gegenwart setzt einer Veröffentlichung wieder eine Grenze, so um die Zeit um 1900.

Die Glasfabrik

Um 1800 kam im Bayerischen Wald die Glasherstellung in Schwung. Die Familie Baron Lerchenfeld wohnte im Bayer. Wald und wollte auch in ihrer Hofmark eine Glasfabrik gründen.
Erst brauchte man ein Fabrikgebäude, um dieses zu bauen Ziegelsteine, und um diese zu brennen eine Ziegelei. Die Ziegelei und noch mehr die Glasfabrik braucht viel Brennholz. Dafür wurde ein größeres Waldstück gerodet und seitdem als Acker genützt,
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Die Ziegelei war am Feldweg-Ausläufer des heutigen Fichtenweg. Gleich südlich davon war auf der Karte von 1812 noch Wald bis Nannhofen. Die Ziegelei hatte das Holz gleich vor der Türe, Lehm und Wasser auch.
Ohne engagierte Führung läuft eine Fabrik nicht. Die Qualität der Produkte der Glasfabrik und der Ziegelei war ungenügend. Deshalb sind beide Betriebe bald wieder eingegangen.

Ein Bierwirt für Oberschweinbach ab 1800

Neben der Glasfabrik wurde das erste gemauerte mit Ziegeln gedeckte Haus, eine Bierschänke gebaut. Die am Feuer arbeitenden Glasmacher hatten viel Durst.
Weil ein privates Steinhaus etwas neues und besonderes war, steht es ausdrücklich im Kaufvertrag:

ww
"... ihr unterm 8. Juli 1818 mittels Kauf aquiriertes Anwesen bei der Glasfabrik zu Spielberg bestehend aus einem gemauerten Hause nebst Stallung und Stadl alles unter einem Dache mit Dachplatten eingedecktem Hause, dann 5  Tagwerk 26 Dezimal Grundstück, wovon 1 Tagwerk mit Hafer angebaut ist nebst den Dareingaben von 4 Maßkrügen 6 halben Maßkrügen , 4 Tische. "
Mit 4 Maßkrügen und 6 Halbe-Krügen war der Wirt nicht gerade üppig ausgestattet. Die Bierkäufer brachten ihren Krug mit und tranken das Bier zu hause.

Feuerstättenschau, Einbau von Kaminen

Im Steuerbuch 1671 wird Simon Winklmayr als Kaminkehrer genannt. Danach taucht dieser Beruf nicht mehr auf, denn einen Kamin gab es nur im Schloß.
Die einfachen Häuser hatten einen "Herd". Das war ein tischgroßer Mauerblock  mit einer Vertiefung für das Feuer in der Mitte.  Der Rauch zog durch das Strohdach ab . Er konservierte das Strohdach und hielt es ungezieferfrei.  Das Herdfeuer war nicht nur zum Kochen und Wasser erwärmen, sondern es war die einzige Heizung und zugleich das Licht im Haus.
Mit der "Allgemeinen Feuerordnung von 1791"  wurden diese feuergefährlichen Zustände verboten und der Bau von Kaminen verlangt. Brannte ein Strohdach, so brannte gleich der ganze Ort ab.  Doch ein gut gemeintes Gesetz allein bewirkt nichts. 
 Neubauten gab es in dieser Kriegszeit bei uns  nicht. In die alten Holzblockhäuser mit Strohdach konnte schlecht ein Kamin eingebaut werden. Noch 1886 gibt Franz Oswald in Oberschweinbach 19,  als 57-jähriger Witwer bei seiner Wiederverheiratung den  Beruf "Strohdachdecker" an. Er war der letzte seines Berufsstandes.
Im  Gesetzblatt von 17.5.1818 wurden Kamine zwingend vorgeschrieben und die Feuerbeschau durch Kaminkehrer und Sachverständige genau geregelt. Verstöße wurden bestraft.
  Ab 1818 gibt es einen längeren Schriftwechsel zwischen dem Dachauer Landrichter  und der Hofmarksverwaltung. Die Dorfbewohner konnten nicht lesen. Das Gesetz musste ihnen nicht nur vorgelesen, sondern auch noch erklärt werden. Nur:  Kamine entstanden dadurch nicht von selbst. Der Landrichter drohte dem Hofmarksverwalter Strafe an, wenn er das Gesetz nicht durchsetzt.  Der Verwalter wand sich. Überwiegend wären die Kamine in Ordnung. Der Landrichter wollte einen  genauen Bericht .
Am 30.7.1823 waren bei 10 namentlich genannten Wohnungen die Kamine schadhaft befunden. Es gab Anzeigen und Schriftwechsel.
1824 wurden noch  drei arme alte Witwen, die nicht einmal ihren Namen schreiben konnten, beanstandet. Deren Rauchabzug "ist ausgebessert, trägt aber keinen neuen durch das ganze Gebäude."  Zwei Hausbesitzer bekamen eine Strafe und wollten im Frühling 1825 einen neuen Kamin aufbauen.
1826 wurde versichert, dass es  keine Beanstandungen mehr gab.

Ende der Hofmark Spielberg

1823 wurde aus der säkularisierten Klosterhofmark Fürstenfeld  das neue königliche Landgericht Bruck. Das Amt Esting kam vom Landgericht Dachau zum neuen Landgericht Bruck, ebenso die Hofmarken in diesem Gebiet. Bis 1848 wurden alle Hofmarken aufgelöst und in die staatliche Verwaltung übernommen.

1833 enden die Briefprotokolle der Hofmark Spielberg. Die Registratur kam in das Landgericht Bruck. Als sie dort nicht mehr benötigt wurde, kamen  die Bücher und Akten in das Staatsarchiv München.  Interessierte Heimatforscher können die Protokolle im Staatsarchiv studieren.  Der vorstehende Aufsatz benützt  die Briefprotokolle der Hofmark Spielberg als Quelle. Alle Aussagen sind durch historische  Originalquellen belegt.