Kiening:: Genealogie im Gebiet nordwestlich von München

Johann Beck in Plixenried

erstellte im Juli 2013 für die Festschrift des “Braxenclub Langengern eV”zum 50-jährigen Gründungsjubiläum. den folgenden Text und hat ihn  freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Geschichtliche Notizen über Langengern

von Kreisheimatpfleger Alois Angerpointner (1988)


Wo liegt denn Langengern?

Es existiert noch ein Brief Ludwig Thomas (1867/1921) an einen Unbekannten aus Rottach (leider ohne Datum) mit dem nachfolgenden Wortlaut: „Geärter Her: Ich hawe den Wegweiser, wo am langagerner strasel ist, rebariehrt und kost 17 M 30 dl, wos mir schicken solen. Man kehnt sich jez bäser aus. Nach weigertshofen gets ent umi un nach sietenbach drent umi. Jez kan jeds Rindfich den wäg fienden, womit ich ienen grieße.“ Dieser Wegweiser steht heute leider nicht mehr, „d’Leit find’n heit a ohne den selln Zoaga da hintere!“


Worterklärung

Langagern“‚ wie die Leute sagen, ist ein aus der Flurnamensprache entnommenes Wort, das sich aus dem Grundwort „Gern“ und aus dem vorangestellten Bestimmungswort „lang“ zusammensetzt. Das Dorf ist eine langgezogene Rodungssiedlung aus dem späten Mittelalter, einem Dreieck nicht unähnlich (= Gern), dessen bestimmende Mittelachse die“alte Römerstraße“ bildet, die auch heute noch „Römerstraße“ heißt. Als Flurnamen haben sich erhalten: Das Unterweikertshofener Holz; der Goasberg, der Salzberg‚ der Dachsberg; das Gager’scher Holz, das Gernholz, der Vogelsang, der Totenweg; der Hangacker und die Oberbreite.

Die Römerstraße

Vom ehemaligen „Augusta Vindelicum“ (Augsburg) kommend, zweigte die „Römerstraße“ bei Friedberg ab in Richtung Hohenzell; sie trat hier in unseren Landkreisbereich ein. Nach ca. l km Länge verließ die Römerstraße die Hochebene von Langengern, verschwindet im Walde‚ dem

Unterweikertshofener Holz, um sich dann am Waldrand entlang bis hinter Guggenberg hinzuziehen; kurz vor dem Petersberg vereinigt sie sich mit der Staatsstraße; auf einem Straßendamm, einem „Erdweg“ (aufgeschütteter Hartweg) überquert sie das Glonntal. Diese „Römerstraße“ war zum großen Teil noch identisch mit der sog. „Ochsenstraße“‚ auf der noch, bis ins 17. Jahrhundert hinein, Ochsen aus Ungarn bis nach Augsburg getrieben wurden.

Diese Römer-Straße wurde um ca. 90 n.Chr. von Kaiser Domitian angelegt ( korrigiert). Ein paar Durchstiche ließen einen nicht ganz 6 m breiten, aus verschiedenen Schichten von Sand und Kies aufgeschütteten Damm erkennen; Seitengräben, Seitensteine und größere Steindecken fanden sich nirgendmehr; Materialgruben kann man bis heute noch am Rande der alten Straße erkennen.


Geschichte von Langengern

Zum ersten Male erscheint Langengem im Jahre 1481 in einer Fürstenfelder Urkunde als „ain (eine) holtzmarch, der Gern zue Hochenzell“genannt. Diesem Ausdruck nach scheint um 1481 noch keine Besiedlung vorzuliegen; es ist da nur von einer begrenzten Waldung in der Nähe von Hohenzell die Rede; diese Waidung gehörte zum Kloster Fürstenfeld (heute: Fürstenfeldbruck).

Um 1524 sind hier bereits „gereuttäcker“ und »prendt“ „im Gern“ aufgeführt; wenn aber bereits „gerodete Äcker“ und “Brandrodungen“ vorliegen, muß bereits eine Bewirtschaftung durch Bauern stattgefunden haben. Bereits fünf Jahre später, nämlich 1529, wird „Steffl, wirt vom Gern“ (= Stephan, der Wirt zu Gern) urkundlich erwähnt; ist ein Wirt in einer Ortschaft, muß er Kundschaft gehabt haben, um existieren zu können. Diese Gastwirtschaft „beim Schmaus“ ist heute noch vorhanden. Um 1600 wird „ein Bauer am Gern“ erwähnt; dies dürfte der „Gernbauer“ sein, der bis heute besteht. Um 1700 wird Langengern als „eine langgezogene Siedlung“ bezeichnet.

1760 hat Langengern 15 Häuser; 1884 17 Häuser mit 79 Einwohnern, im Jahr 1988 standen 17 Häuser mit 47 Einwohnern. Aus dem Jahre 1760 liegt eine genaue Beschreibung von Langengern vor, in der es heißt: Der 1/8 Hof „das Gernbauerngütl“ dann folgten 15 je 1/32 „Häusl“, die durchwegs Handwerker waren, bei der Hofmarksherrschaft in Unterweikertshofen beschäftigt, und außer einem kleinen Gärtl keinen Grund besaßen:

Anwesen in Langengern im Jahre 1812: erstellt durch Johann Beck 2013

Alte Nr

Heutige Hs-Nr.

Römerstraße....

1. bekannter Besitzer + Jahr

Alter / Jetziger Hausname

Jetziger Besitzer

1


Ehrensperger 1800

Tiroler Häusl / Zink

Bauer

2

50

Merbold 1802

Hefenmann / Hefamo

Brummer

3

48

Kraut 1748

Kraut

Asam

4


Soyer 1804

Uhrmacher

Scharl

5

36

Schmid 1740

Gernbauer

Hartmaier

6

32

Strasser 1746

Straßer

Corinth+Wohlleben

7

28

Gruber 1744

Müller / Schuster

Pröbstl

8

24

Pfundt 1740

Schmid

Steiner H.

9

22

Wagenpfeil 1760

Löffelmacher/ --

Steiner M.

10

20

Sechser 1802

Weber / Sechser

Burkert

11


Schafler 1793

Stölzer / Scherer

Steiner R.

12

14

Preßl + Rieger 1785

2-Fam.Haus / Weschl

Schmid

13


Walter 1804

Altschmied / Schmilenz

Suppmair

14

8

Hörl 1823

Mall / Woimo

Suppmair

15

4

Steffl 1529

Wirt

Schmaus

16


Mörwald 1752

Schneider

Staa


Später entstandene Anwesen bzw. Häuser:

Heutige Hs-Nr.

1. Besitzer + Baujahr

Jetziger Hausname

Jetziger Besitzer

12

Rieger

Mittelhammer

Suppmair

26

Pröbstl 1968

Schuster

Pröbstl

30

Deschl ca. 1880

Deschl

Riepl

38

Hartmaier 1993

Gernbauer

Hartmaier

46

Scharl 1973

Uhrmacher

Scharl


Gemeinde:

Alle Anwesen gehörten vor 1818 zur Adels-Hofmark Unterweikertshofen. Diese war Grundherr und Gerichtsstand zugleich. Mit Neubildung der Gemeinden 1818 kam Langengern zu Unterweikertshofen. Seit 1972 gehört Langengern zur Gemeinde Erdweg.


Schule:

Von Anbeginn der Schulpflicht (ca. 1803) gingen die Langengerner nach Sittenbach.

Seit 1968 ist Erdweg der Grund- und Mittelschulort.


Kirche:

Langengern gehört seit jeher zur Pfarrei Sittenbach.

Die hier Verstorbenen wurden auf dem sog. „Totenweg“ nach Sittenbach zum Friedhof gefahren.


Kapelle:

Seit ca.1700 besteht die private Marienkapelle des „Gernbauer“. In ihr durfte die Messe gelesen werden und sie war bis 1707 auch Marien-Wallfahrtsort.

Die Kapelle wurde wegen irreparabler Bauschäden abgebrochen und 1983-1985 an gleicher Stelle und im gleichen Stil auf eigene Kosten der Familie Doll wieder errichtet. Am 2. 7. 1985 wurde sie dann von Dekan Bacher aus Odelzhausen wieder eingeweiht.


Infrastruktur: =Langengern wandelt sich vom Kleinstbauernort in ein modernes Dorf=


Flurbereinigung + Baurecht:

Die Hohenzeller Flurbereinigung (1979-2008) reichte nördlich bis an die Römerstrasse heran. Die Marktgemeinde Altomünster trat in diesem Verfahren einen ca. 40 m tiefen Flurstreifen entlang der Strasse an die Gemeinde Erdweg ab, um eine Bebauung nördlich der Römerstrasse zu ermöglichen. Grundlage hierfür war auch eine Änderung des Flächennutzungsplanes und Aufstellung eines Bebauungsplanes (2013) der Gemeinde Erdweg für den Bereich Langengern.


Strassenbau:

Die Zufahrtsstraße aus Unterweikertshofen wurde 1968, aus Plixenried und Irchenbrunn im Jahre 1977 ausgebaut und asphaltiert. Die Ortsdurchfahrt wurde erstmals 1968 staubfrei gemacht. Im Jahre 2012 wurde die Ortsdurchfahrt nach dem Einbau aller Medien neu trassiert und mit einem Gehweg versehen.


Wasserversorgung:

Bis zum Anschluß an die „Hohenzeller Wasserversorgung“ im Jahr 1969 versorgte sich jedes Anwesen selbst mit eigenen Hausbrunnen. Die Wasserleitung wurde dabei durch die Gärten auf der Südseite der Häuser verlegt. Seit 1994 liefert die „Altogruppe“ das Wasser. 2011 wurde die Wasserleitung dann in die Strasse neu eingebaut.


Abwasser:

Für das Regenwasser der Häuser und Strasse wurde 2011 ein Kanal erstellt. Der „Gernbauern-weiher“ wurde dabei als Regenüberlaufbecken ausbebaut.

2011 erfolgte auch der Einbau eines Schmutzwasserkanals mit Pumpstation zur Zentralkläranlage nach Unterzeitlbach und löste damit die bisherigen Hauskläranlagen ab.


Müllabfuhr:

Seit 1975 erfolgt die Müllabfuhr durch die Gemeinde, ab 1985 übernahm der Landkreis die Entsorgung.


Strom:

Die Elektrifizierung durch die „Amperwerke“ begann 1925 mit dem Bau einer Niederspannungs-Freileitung (380/220V), welche vom Plixenrieder Trafohaus herführte. Für die anzuschließenden 16 Häuser wurden 75 Lampen(max.50W) und 33,75 Motore (je 1PS) angegeben.


Telefon:

Das 1. öffentliche Telefon wurde 1963 beim „Wirt“ eingerichtet und kam per Freileitung von Plixenried. Erst Jahre später wurden dann private Telefonanschlüsse installiert.


Neue Medien:

Da die bestehende Telefonleitung eine sehr geringe Übertragungsrate hatte, wurde 2009 eine Funk-DSL-Leitung errichtet. Der Sendemast beim „Gailer“ in Plixenried wurde von Humersberg aus eingespeist. Seit 2013 gibt es den Internet-Anschluß per Glasfaser von „Altonet“.


Wirtschaft + Gewerbe:

Die Landwirtschaft wird von keinem Langengerner mehr betrieben.

Alle Anwesen-Besitzer haben ihre Felder verpachtet oder verkauft.

Viele Einwohner pendeln zu auswärtigen Arbeitsstätten.



Sonstiges:


Ein Maibaum wurde laut Fotos von Josef Reiner schon vor 1938 aufgestellt.


Weitere Angaben, Literatur und Quellen:

Josef Reiner: Dorf- und Familienbuch von Unterweikertshofen, Guggenberg und Langengern, 1995.

Klaus R. Witschel: Eine frühgeschichtliche Strasse in Irchenbrunn. Amperland 2001 /3,

S. 417 – 421, sowie Daten für den Römerstrassen-Markierungsstein

Hans Schertl: www.kirchenundkapellen.de von 2013


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(C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de