Josef Kiening: Häuser und Familien im Gebiet nordwestlich von München

Kurioses aus der Familienforschung

Viele  halten die Familienforschung für eine ansteckende unheilbare Krankheit.


Mit einem "Ariernachweis" hat meine Familienforschung  angefangen. Als mein Onkel in Hattenhofen 1937 geheiratet hat, schenkte ihm der Pfarrer, der selbst Nazi-Parteimitglied war, eine Ahnentafel mit der Bemerkung; Wenn du was werden willst, brauchst du das.  Mein Onkel  wurde trotzdem nichts. Er war Handwerker.
Meine Cousine entdeckte die Ahnentafel  um 1987 und sandte mir ein Kopie. Das hat mein Interesse geweckt.

1989 antwortete ein Pfarrer im Bayerischen Wald auf meine Anfrage  unter anderem: "Die Familienforscher sind besessen."

Zuerst  ging es nur um die eigenen Vorfahren. Inzwischen hat die Familienforschung mit dem Internet eine ganz andere Dimension. Das ergibt manchmal kuriose Ergebnisse:
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Meine Schwiegermutter kommt aus einer Familie mit 14 verheirateten Geschwistern.  Diese hingen sehr an einander und trafen sich möglichst oft.  Aber wenn sie zusammen saßen, haben sie lautstark gestritten. Einmal lieferte ich unfreiwillig mit meiner Frage nach den Vorfahren das Streit-Thema. 
Eine der Geschwister wusste, dass die Frau des Urgroßvaters eine geborene Ströhl war, während ihre Schwester darauf beharrte, dass sie eine geborene Henfling war. Jede sagte, sie weiß das ganz bestimmt. 
Die Spannung war groß, als ich nach Regensburg fuhr, um in den Pfarrbüchern im bischöflichen Archiv  nach zu lesen, wer nun recht hatte. 
Des Rätsels Lösung: Beide hatten recht. Die erste Frau des Urgroßvaters und Urgroßmutter war eine geborene Ströhl, während die zweite Frau, die  auf dem Grabstein stand, eine geborene Henfling war.

So hat fast jede Familien-Überlieferung einen wahren Kern.
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Ein älterer Herr in New York ("Veteran des Korea-Krieges") namens Maul entdeckte seinen Namen in meinen Daten. Er konnte zwar kein Deutsch, hatte aber aus Archiven in der Oberpfalz weitere Vorfahren erfahren, die ich noch nicht kannte. Freundlicherweise überließ er mir die Daten und bei mir kamen sie ins Internet.  Bald darauf entdeckte er die gleiche Darstellung auf einer amerikanischen Internetseite, aber anstelle seines Namens "Maul" stand da auf englisch  "Schnauze". Darüber war er sehr erbost. Nur mit Mühe konnten wir ihn überzeugen, dass dies keine Bosheit von uns war, sondern dass die Daten von einem dummen Übersetzungsprogramm verstümmelt wurden.

Amerikaner lernen keine Fremdsprachen, sondern nehmen an, dass der Rest der Welt englisch lernt. Wenn trotzdem jemand wie ich etwas in einer anderen Sprache veröffentlicht, dann nimmt man ein Übersetzungsprogramm zu Hilfe.

Diese Programme sind gnadenlos und schrecken auch vor Personen- und Ortsnamen nicht zurück. Aus dem Ort Maisteig (nördlich von München, Pfarrei Haimhausen)  wird "corn paste", Mais-Teig.  Wer etwas zur Erheiterung will, kann meine Ortsliste übersetzen und wird sich wundern, was dabei heraus kommt.
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Auch das Pfarrer-Latein hat seine Tücken, wenn man es wörtlich übersetzt. Sterbe-Einträge enthalten oft lateinischen Text zu den Todesursachen.
Da kann schon aus einem längeren Leiden an einer auf das Herz drückenden Wassersucht
ein regenreicher drückender Todestag werden.
 
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Ich hatte schon den Fall, dass sich Amerikaner bei mir gemeldet haben und zu Besuch kommen wollten, die nur ihren Namen in meinen Daten gefunden haben. Es hat sich dann heraus gestellt, dass sie nur ein kostenloses Quartier für den Oktoberfest-Besuch suchten.

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Die meisten Nachkommen in meinen Daten erreicht die Familie Langenecker, die 1635 einen von den Schweden abgebrannten Hof in Wiedenhof Pfarrei Vierkirchen wieder aufgebaut hat. Aufgrund der Nachkommen-Zahl (zur Zeit  sind es 9400)  wollte ein Herr die Adressen dieser Nachkommen von mir bekommen. Er hatte nicht bemerkt, dass die bei mir genannten Personen alle schon gestorben sind. Schließlich stellte es sich heraus, dass er ein Verkäufer von Gen-Tests war, der hier einen ganz großen Auftrag witterte.
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Vor kurzem wollte ein junger Mann von mir seine Ahnentafel.  Seine noch lebenden Großmütter sagten ihm, von wo sie abstammten und es war schnell klar, dass  seine Vorfahren bereits gut erforschte Großbauern im Dachauer Raum waren. Wenn ich es genau wissen wollte, musste er erst seine Omas besuchen und genaueres erfragen. Da habe ich ihm angeboten, dass ihn jeder von mir  gefundene  Vorfahre 10 Cent kostet.  Darauf ging er begeistert ein.  Nach einigen Rückfragen und Lückenschließung  war seine Ahnentafel von der Gegenwart  bis zum Dreißigjährigen Krieg komplett.  Es waren 3300 Vorfahren.  Da hat er schon geschluckt. Er bekam es dann billiger.

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Selbstverständlich sind wir und jeder andere Familienforscher bestrebt, fehlerfrei zu arbeiten.  Nur die  alten Handschriften in den Archivalien wie Pfarrbücher sind oft nicht eindeutig. Vor allem konnte der Pfarrer oder Schreiber vor Jahrhunderten nicht ahnen, wie  ein Personen- oder Ortsname heute geschrieben wird. Wenn  verschiedene Forscher die gleichen Archivalien auswerten, führt das immer zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Unsere Kunst, Erfahrung mit verschiedenen Archivalien und Ortskenntnis setzen wir ein, um diese Variationen zu bereinigen und eindeutige Familiendaten daraus zu erstellen. Es gelingt nicht immer.

Viele Forscher  tippen dann die Daten bei mir ab und speichern sie in meist amerikanischen Sammelsystemen. So lange jeder nur  bei mir abschreibt und keine Fehler macht,  erzielt er einen großen Grad an Übereinstimmung mit anderen, die das selbe tun. Je öfter die gleichen Daten bei mir abgeschrieben werden, um so mehr sind sie "wahr".
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Jahrzehntelang hielt ich Standesamt-Urkunden für eindeutig,  bis ich jetzt versuchte, ein Bündel davon abzuschreiben. Bei einigen Namen lag ich sehr daneben. Oft schaut der Anfangsbuchstabe schon aus wie ein Wollknäuel. Mit falschem Anfangsbuchstaben hat man im Namensregister keine Chance.
Es geht nicht darum, genau ab zu schreiben, was da steht, sondern was da stehen soll.
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Bekanntlich gibt es in der Bayerischen Sprache Laute, für die es keine Buchstaben gibt; Beispiel das oa und a in Oachkatzl (Eichkätzchen) .  Die Phonetik in Schrift um zu formen, war schon immer ein Problem.

Dazu kommt, dass bei uns die deutsche Phonetik zunehmend von der amerikanischen verdrängt wird.
Sprechen künftige Generationen den Namen Huber als Haber aus  und Blank als Bleng ?  Stöhnen Sie jetzt nicht !
Meine kleine Enkelin hatte beim Lesen lernen große Probleme mit dem Dabbelju-W . Das hat sie irgendwo aufgeschnappt und wir brachten es nicht mehr heraus aus ihrem Kopf.

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(C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de