Kiening: Genealogie im Gebiet nordwestlich von München

Einheitliche Vornamen-Schreibung

Auch bei den Vornamen gibt es viele Variationen. Die Vornamen sind hier, wenn möglich, nach dem heute gültigen Duden geschrieben. Vitus suche man also unter Veit, Hans bei Johann usw.

Ohne einheitliche Vornamensschreibung wäre eine Suche in den umfangreichen Namensregistern aussichtslos. Wenn je nach Lust und Laune Katharina, Catarina, Kathi oder Katrein geschrieben wird, ist ein Zufall, wenn man das richtige findet. Eine einheitliche Vornamensschreibung wird deshalb dringend empfohlen.

Die Bräuche bei der Verwendung der Vornamen sind regional sehr unterschiedlich:

Vornamen in Oberbayern

In einer Geschwisterreihe wurde hier im Raum München jeder Vorname nur einmal vergeben. Tritt bei Geschwistern der gleiche Vorname zum zweiten Mal auf, kann man sicher sein, daß das ältere Kind mit dem gleichen Vornamen bereits gestorben ist. Die Landbevölkerung taufte nur mit einem Vornamen. Doppelnamen wie Johann Georg sind selten. Sie kommen fast nur bei Zuwanderern und Bildungsbeflissenen vor. Eine Ausnahme ist die Maria -Anna.

Vornamen in der Oberpfalz

Die Datensammlung enthält eine größere Menge Personen in der mittleren Oberpfalz. Hier gelten ganz andere Bräuche: Die Buben wurden stets Hans und die Mädchen bevorzugt Gretl oder Maria getauft. Gleiche Vornamen in der Geschwisterreihe sind also die Regel und lassen keinesfalls darauf schließen, daß das gleichnamige ältere Geschwister schon gestorben ist.

Der Brauch hat seinen Grund: Der älteste Sohn wird Hans gerufen und nimmt als künftiger Hoferbe eine Sonderstellung in der Geschwisterreihe ein. Bei der hohen Kindersterblichkeit konnte man aber nicht mit dem Überleben des Erstgeborenen rechnen. Deshalb wurden auch die nachgeborenen Söhne Hans getauft. Die Frage, wie die Eltern die Kinder riefen, beantworten alte Oberpfälzer so: Das ist ganz einfach, der erste Sohn ist der Hans, der zweite der Johann, der dritte der Hannes, dann kommen (Hans-)Georg, (Hans-)Michael usw. Weitere Möglichkeiten sind Johann-Baptist und Johann-Nepomuk.

Fällt der als Hoferbe bevorzugte erste Hans durch Tod, Wegzug oder aus einem anderen Grund aus, erhält der nächste Sohn den Rufnamen Hans und die damit verbundene Bevorzugung. Das ist ohne weiteres möglich, da Hans stets in den Taufnamen enthalten war.

Für den Familienforscher ist es fast unmöglich, einen Hans-Taufeintrag einem Heiratseintrag oder einem Sterbeeintrag zuzuordnen. Der zweite Vorname im Taufeintrag oder Heiratseintrag ist wenig nützlich, denn Doppelvornamen wurden beliebig einzeln verwendet. Auch Altersangaben in Sterbeeinträgen weichen häufig sehr vom wirklichen Alter ab, so daß ein errechnetes Geburtsjahr wenig nützlich ist. Ich schlage vor, bei gleichnamigen Geschwistern die Taufen in der Reihenfolge der Heiraten zuzuordnen, sodaß also der älteste zuerst heiratet und so weiter.

Die Oberpfälzer waren sparsame Leute. Die eingesparten Namenstagsfeiern werden kaum Ursache für diesen Brauch sein. Eher war es so, daß die Vornamen der Kinder gleich blieben, solange der Taufpate oder die Taufpatin die gleiche war.

Da es sich um einen Brauch, eine unverbindliche Norm handelt, sind Abweichungen beliebig möglich.

Seltene Vornamen

Manche Kirchen haben einen selten genannten Heiligen als Patron. In diesen Kirchen, und nur in diesen, wird gerne der Ortsheilige als Taufname verwendet. Man kann deshalb den Umkehrschluß ziehen, daß Träger solch seltener Vornamen nur aus dem einen Ort stammen können.

Beispiele:

Arsatius aus Ilmmünster Kreis Pfaffenhofen/Ilm

Deocharus bzw. Theutger aus Herrieden bei Ansbach

Rasso aus Grafrath Kreis Fürstenfeldbruck

Quirin aus München-Aubing oder Tegernsee

Kastulus aus Puchschlagen Kreis Dachau oder aus Moosburg

Vitalis aus Sigmertshausen Kreis Dachau

Jukundin aus Odelzhausen Kreis Dachau

Pantaleon aus Deimhausen bei Schrobenhausen

Wer weitere solche seltene Ortsheilige benennen kann, wird gebeten, mir diese mitzuteilen.

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(C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de