Kiening: Genealogie im Gebiet nordwestlich von München
Briefprotokolle sind nur auf den ersten Blick schwer lesbar. Notare verwenden heute wie früher genormte Texte, die sich streng an den gesetzlichen Vorgaben orientieren. Sie schreiben also in jedem Protokoll den gleichen Text. Der Leser lernt diesen Text in kurzer Zeit auswendig und dann ist es kein Problem mehr, auch schlechte Schriften zu lesen. Das folgende Muster gehört nicht zu den am schönsten geschriebenen Protokollen. Versuchen Sie es trotzdem zu lesen.
Es handelt sich um einen Nachlaß und anschließenden Ehevertrag der Witwe, geschrieben 1800 in der Hofmark Rohrbach im Pfleggericht Pfaffenhofen. Quelle Staatsarchiv München BrPr 6575.
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Textinhalt. Im oberen Teil der Seite Ende des vorhergehenden Vertrages, abgeschnitten.
2. Verträgs Brief ad 1200 fl.
Zuvernehmen welcher massen und d(er)gestallten auf hiezeitlich geschehen Christl(iches) Verableiben Jakoben Schwarzmayr ganzer Bauer und sogenanter Mayrs zu Wall seel(ig) sich die unter .... Beystande ihres Bruders Michael Walter Bauers von Reißgang selbst anwesend zuruk gebliebene Wittib Barbara Schwarzmayerin mit dene im Stand der Ehe erworbene und mit
(Oben links stehen 7 Zeilen mit Zahlen am Rand. Das ist die Gebührenberechnung des Notars und gehört nicht zum Text. Die Textzeilen beginnen knapp neben den Zahlen. Nach jeder Zeile in der Abschrift ein Schrägstrich / eingefügt.)
Anton Kreitmayr ganzen Bauer und sogenannt(er) / Pirnfeldner zu Wall, dann Franz Schöttl / Kayser Millern zu Rohrbach, obrigkeitl(ich) bevormundeten Kindern Katharina 14, / Josef 13, Theresia 6 und Jakob 2- / jähr(igen) Alters .... angefallen Vatter / lichen Erbtheilles in Güte ... ver / glichen und vertragen haben, als /
Erstlichen verbleibt der zurukgebliebenen / Wittib Barbara das sämentl(iche) unterm 16. / Octb. (Oktober) 1799 obrigkeitlich inventirte Vermögen / mit Schulden herein und hinaus, annoch sind / ferners ganz ohnverrukter beysamen und in Händten, hingegen aber und /
zweytens ist Sie schuldig und gehalten solch(en) / ihren Kindern zum vätterlichen Erbtheille / miteinander 1200 fl (Gulden), iedem also 300 fl / insonderheit dergestallten hinaus zu geben / daß einem jeden die treffenden 300 fl / auch wann jedes das zwanzigste Jahr er / reicht haben wird, baar müssen hinaus be / zahlt bis dahin über solche Gelder auf dem Gut ohne Intee (Zinsen) liegend verbleiben / und wann solche Gelder in solchem Jahr nicht / hinaus bezahlt werden konten, so müssen / selbe nach 3 p.C. (%) verzinset werden.
Drittens kommen solche Kinder bis auf das / 18. Jahr complet bei Haus Christ katholisch / zu erziehen und mit aller Notwendig / keit zu versorgen
Viertens ist denen Magdlen und zwar / einer ieden insonderheit zur einstmahligen
Ausfertigung ein ganz gerichtes Peth (Bett), das / ist ober dem Unterpeth auch Polster mit / drey halb blau Kölnisch- dann ein weisse / Ziechn, item drey harbene Layhtüchern (Leintücher) als / vor zwey mit und eines ohne Spitz (Spitzen), eine / meutlner ( bemalte?) Pethstatt, derlay Kasten und Truchn / blau angestrichen item Spinradl, Paidl Tru /chel auch ..., dann eine Kuhe oder hiefir / 20 fl auch standsmessige Kirchenkleidung oder hiefir 30 fl und dieses wie schon erwehnet / fir eine jede insonderheit, dene Knabn aber /
Fünftens auch einem jeden insonderheit nebst / dem erwehnten Heuratsgut statt einem / Pferd 30 fl und die standsmessige Kirchen / Kleidung oder hirfir 30 fl zuzustellen und / ausfolgen zu lassen.
Sechstens ist einem ieden von solchen 4 Kin / dern der ainsmahliche (einstmalige) Hochzeit Ausgange / mit Bier Brodt und Brandtwein ohnentgeldtlich / auszuhalten und jeder von dem Gut darin / zur Ausfertigung dene Knaben ein / Schneider und dene Magdlen eine Naderin / auf des Guts Kosten zu halten.
Siebnetens wann eines von solchen Kindern / in leediger Dinerschaft erkranken würde / so hat iedes den nothwendigen unterschlupfe / bis zur Genesung, die einem Kranken an / ständige Kost über auf .... und der notwen / dige Medicamenta auch Baader Kösten auf / 4 Wochen bey dem Gut zu fordern, nach ver / fluß solcher Zeit hingegen haben sie sich / von dem ihrigen zu verpflegen.
Achtens endlichen (be-) erben sich die Kinder selbstn / mit verstendnis mit Ausschluß der Mutter / womit also dieser Vertrag beschlossen, deitlich / vor- und abgelesen, dann die solch erstell / te zufriedenheit halber obrigkeitlich / angelobt , dann bis erfillt pünktl(ich) und .(das)..... Vermögen unverpfändlich / vorbehalten und dieses noch bedungen worden, / daß der Kinder ainsmahl(ige) Quittungskösten / mit der Helften von jedem Kinde und mit der Helfte von dem Gut bezahlt werden muß / ........... actum den 3. Febr(uar) 1800
Zeugen Bernard Schneyder Amtssch(rei)ber, ..... Schullmaister beede zu Rohrbach
Zuvernehmen werlchermassen und gestalten / aaus ohngezweifelter Schikung Gottes dann / mit Rath und Einverstandnuß beeder seits / nächsten Erben und Befreundeten sich der / selbst anwesend allerdings schon Voggt / bare Johann Pentenrieder von Grießbeke / zell der Baron Purgauschen Hofmarck / cfl (kurfürstliche) löbl(ichen) Landg(erichts Pfaffen gestrichen) Aichach zu der / unter genohsenen Beystande ihres Bru / ders Michael Walter Bauers von Reißgang / eben selbst anwesende Barbara Schwaz / mayrin ganzer Bäuerin und sogenanter / Mayrin zu Wall bis auf priesterl(iche) Kopu / lation wirklich hierein verheurathet dann / in beyseyn nachstehender Gezeugen die /
auch nachstehende Heuraths Pacta ... / ... abgeredt und beschlossen habe als / erstlichen verspricht Hochzeiter seiner Hochzei / terin zu einem wahr und beständigen Heu / ratsgut auf nächst folgenden Hochzeit Tage / baare 900 fl zu zubringen und auszu / zahlen zu dessen billiger Widerlegung / dann und auch / zweytens thutt Sie Hochzeiterin ihm Hochzeitern ihr samtl(iches) mitls Vertrag untern / heutigen an Sie gekommene Vermögen der / gestalten an- und entgegen verheurathen, daß er dessen allen .... ... / nicht entsezt werden könne wobey und / drittens der ohnausbleibl(ichen) Todtfällen dann / ohne erfolg eines ehelichen Leiberbens halber / soviell abgeredt und beschlossen worden daß / der Überlebende Theill und zwar er / Hochzeiter mit der Hochzeiterin Kindern / erster Ehe um das Muttergut billigen / .... nach sich vertragen , Sie Hochzeiterin / hingegen des Hochzeiters nächsten Erben / und befreundten 500 fl in jährl(ich) 50 fl Fristen, von dem Todtfall über das Jahr / erstenmahl anfangend fir alle Sprüch und / Forderungen hinaus geben müssen.
Womit also diesser Heuratscontract beschlossen / dann all übrig wieder verhoffen sich sich er / gebende Stritt, Irrungen .... / und fahl nach dem churpfalz bayer(ischen ) Löbl(ichen)
Landrecht und diesortigem üblichen Herkommen ein / als ander Wergs zu entscheiden gestellt worden / ..... geschrieben und ohne .... den 3. Februar 1800
Heurath und Sieglszeugen
Anton Kreitmayr Preufelder zu Wall, Fz. Schöttl Kaysermüller, Jakob Buchhardt Schullmeister und Thomas Hillebrand Herrschafts Jäger zu Rohrbach, dann Bernardt Schneyder Amtschreiber
Ich Kajetan des Heilligen Röm(ischen) Rechts Frey/herr von Dirsch auf Rohrbach, Stainbach und / Heilligen Kreuz Pullach auch wirklicher Herr zu / Rohrbach bekenn himit für mich dann all meine Hofmarck Rohrbachischen Gutsnachfolgern / daß vor mir erschiene Johann Penten / rieder von Grießbeker Zell der Baron von Purgauischen Hofmarck Cfl Löbl. Landgericht Aichach ganz gehorsames vor- und anbringen wie daß er sich zu der verwittibten Mayrin / zu Wall Barbara Schwarzmayrin ganzen / Bäurin hinzuverheuraten gesinnt / sohin auf absterben ihres Mannes seel(ig) er / loschene Erbsgerechtigkeit ganz / gehorsam erneuert erbitte. Da nun das mit mir nach dem ........ guts ..... ain ... Laudemium ad 3000 fl / bereits abgekommen und der Betrag a 225 fl baar erlegt, ihm (gewähre?).
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Auf der nächsten Seite folgt noch eine Heiratsgut-Quittung über 900 fl., in der die Barbara Pentenriederin bestätigt, daß sie das Heiratsgut von ihrem Gatten erhalten hat.
Betrachten wir nun die Geldbeträge: Jakob Schwarzmayr ist gestorben. Sein Vermögen ist die Hälfte des Hofwertes. Er hat 4 Kinder hinterlassen, von denen jedes 300 Gulden, zusammen also 1200 Gulden als Vatergut bekommen soll. Bezahlt wird erst, wenn ein Kind heiratet. Momentan ist das Geld auch garnicht vorhanden. Es wird also unterstellt, daß die Hälfte des Hofes 1200 Gulden wert ist.
Johann Pentenrieder bringt ein Heiratsgut von 900 Gulden in bar mit. Ein stattlicher Betrag. Damit erwirbt er den Besitzanteil des gestorbenen Vorgängers. Das Geld reicht aber nicht aus, den Nachlaß des Vorgängers zu bestreiten.
Vorher kommt aber noch der Hammer: Der Hofmarksherr als Grundherr schätzt den Wert des Hofes auf 3000 Gulden und kassiert davon 7,5 % Laudemium gleich 225 Gulden. Laudemium ist eine Grunderwerbssteuer. Dabei bleibt unbeachtet, daß die Witwe ja bleibt und ihr Anteil garnicht den Besitzer wechselt. Das Laudemium reißt vom mitgebrachten Heiratsgut einen schönen Teil weg. Die Gerichtsgebühren betragen für alle 3 Briefe etwa 30 Gulden und auch die Hochzeit kostet einiges. Ein Drittel des neuen Heiratsgutes verschwindet also sofort für Steuern und Kosten.
Da können die Kinder nur hoffen, daß der Stiefvater gut wirtschaftet, sonst haben sie wenig Aussicht, daß sie das versprochene Vatergut bekommen. Nach dem Tod der Mutter steht ihnen außerdem noch ein Muttergut zu, das ähnlich berechnet wird.
Weiteres Protokoll zu vorstehendem Johann Pentenrieder, 2. Ehe im Jahr 1829
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(C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de