Kiening: Genealogie

Familienforschung, Tips für Anfänger

geändert am 22.5.2011 unter Verwendung eines Manuskriptes von Alexander Peren.

Ergänzung am 4.7.2012:

Ganz am Anfang

Es freut mich, dass wieder ein (junger?)  Mensch  sich für dieses schöne Hobby interessiert.

Fangen Sie mit der Ahnentafel bei sich selber an, oder beim jüngsten der Familie.

Wirklich wichtig ist, das Wissen der  alten Leute aufzuschreiben, denn wenn Sie in einigen Jahrzehnten auf diese Idee kommen, kann es zu spät sein.

Fragen Sie alle alten Personen Ihrer Familie und Verwandtschaft aus, auch Onkel und Tanten wissen viel zu berichten.   Lassen Sie beim Interview eine Videocamera mit laufen oder wenigstens ein Tonband. Und dann in zeitlicher Reihenfolge erzählen lassen.  Interessant sind wirtschaftliche / berufliche Details, Fakten. Behutsam kann man auch heikle Themen, wie Scheidungen oder Krankheitsgeschichten angehen.

Lassen Sie sich alle Fotos zeigen und schreiben auf, wer die abgebildeten Personen sind. Fotos sichern und digitalisieren, denn bei einem Nachlassfall landet leicht eine Schachtel mit alten Fotos im Müll.

Ebenfalls alle Dokumente sichern, angefangen bei den Schulzeugnissen, beruflichen Zeugnissen.

Im Vergleich dazu ist die Arbeit in den Archiven nicht dringend, denn in den Archiven finden Sie in 10 oder 20 Jahren noch die gleichen Informationen.
 
Genealogie-Software kann ich keine empfehlen. Ich höre meine Forscherkollegen immer nur schimpfen über die angebotenen Programme. Die Programme für meinen Zweck habe ich selbst geschrieben. Für den Anfang genügt wohl Papier oder ein Textprogramm.

Technische Tips für die Benützung dieser Datensammlung.

Muster-Formular zum Ausdrucken und Ausfüllen für eine einfache Ahnentafel.

Für die Zeit zurück bis 1876 brauchen Sie die

Standesämter

Alle Geburten, Heiraten, Todesfälle ab 1876 sind in den Standesämtern aufgezeichnet. Sie können jede Urkunde (als Fotokopie des Original-Eintrages) bekommen, wenn Sie ein berechtigtes Interesse nachweisen, also zum Beispiel nachweisen, daß die gesuchten Personen Ihre Vorfahren sind. Es wird zwischen beglaubigten Urkunden und einfachen Kopien unterschieden. Der Unterschied liegt im Preis für die Beglaubigung. Für die eigene Forschung genügt eine einfache Kopie.

Das Problem ist häufig, das richtige, nämlich das örtlich zuständige Standesamt zu finden. Sie müssen also zuerst den Ort der Geburt, Heirat etc. wissen und möglichst auch den Zeitraum. Dazu enthalten alle Urkunden einen Rückwärts-Verweis: In der Todesurkunde steht Datum und Ort der Geburt. In der Geburtsurkunde stehen die Eltern und deren Herkunft. Am ergiebigsten sind stets Heiratsurkunden, da sie für beide Brautleute die Herkunft und die Eltern enthalten.
Ergänzung 2009:
Nach neuen Datenschutz-Regeln fallen die Standesamt-Urkunden vor 1900 nicht mehr unter Datenschutz, sind also allgemein zugängliches Archivgut. Die Schutzfrist ist ab Geburtsdatum 110 Jahre, ab Tod 30 Jahre, ab Heirat 80  Jahre.  Es ist uns jedoch noch nicht gelungen, Zugang zu diesen Archivalien zu finden, da diese nicht zentral in Archiven, sondern im Keller oder Speicher von  Gemeindeämtern lagern.
 Personendaten ab Geburtsjahr 1876  in meiner Datensammlung stammen von den betroffenen Familien selbst, aus Pfarrbüchern oder sind von Grabsteinen abgeschrieben. Zu den Standesamt-Urkunden bestehen üblicherweise Datums-Differenzen von wenigen Tagen, zwischen Geburtstag und Tauftag, zwischen standesamtlicher und kirchlicher Heirat, zwischen Todestag und Begräbnis.

Pfarrbücher

Vor 1876 hatten die Pfarrämter den Auftrag, die Personenstands-Veränderungen Geburt (Taufe), Heirat und Tod zu beurkunden. Dazu wurden in zeitlicher Reihenfolge, also nach Datum sortiert, alle Ereignisse in Bücher eingetragen. Also alle Taufen in das Taufbuch, alle Heiraten in das Heiratsbuch und alle Todesfälle in das Sterbebuch.

In weiten Teilen Bayerns sind die Kirchenbücher (z.T. auch Matriken oder Martikeln genannt) mit den Eintragungen über Taufen, Heiraten und Stebefällen zentralisiert im jeweiligen Bistumsarchiv.  In den allermeisten Bistumsarchiven erhält man mittlerweile jedoch nicht mehr die Original-Bücher sondern eine verfilmte Version. Sei es als Filmrolle (z.B. Augsburg) sei es als
Microfiche-Blätter (Regensburg).

Neu ab 2019: Bistum München-Freising und Passau finden Sie im Internet.

Die Bestände des Bistums München-Freising  und Passau sind bereits eingescannt und online von zu Hause aus abrufbar, und zwar in einer sehr guten Qualität, weit besser als die bisherigen Mikrofilme.

Alte Version für die anderen Bistümer

Unter Beachtung gewisser rechtlicher Einschränkungen (Datenschutzgesetz) hat jeder das Recht, in diese Bücher Einsicht zu nehmen. Prinzipiell haben Sie IMMER das Recht (Datenschutz hin oder her), wenn Sie ein "berechtigtes Interesse" an diesen Daten haben. Das ist dann gegeben, wenn Sie ein direkter Nachfahre der Person sind, deren Daten Sie einsehen möchten. Auch bei einigen Nebenlinien (Onkel, Tanten etc.) wird dieses "berechtigte Interesse" vom Gesetzgeber bejaht. Bei allen anderen Personen gelten die Datenschutzbestimmungen mit  Jahresfristen.

Für Kirchenbucharchive (Bistumsarchive) beträgt nach Empfehlung der Deutschen Bischofskonferenz vom 13.2.2008 die Sperrfrist bei Taufbüchern 120 Jahre, bei Trauungs- und Sterbebüchern 100 Jahre.

Die entstehenden Kosten hängen davon ab, welche Dienste Sie in Anspruch nehmen. Lassen Sie sich lediglich die verfilmten Bücher vorlegen und suchen Sie in diesen sich die von Ihnen gewünschten Informationen selbst heraus, so erhalten Sie bayernweit für 5 Euro pro Tag zwei Pfarreien, jede weitere Pfarrei kostet 2,50 Euro. Wenn Sie jedoch das Archiv beauftragen, für Sie zu suchen, so fallen Suchgebühren für Archivare an. Diese summieren sich dann schnell zu ziemlich hohen Beträgen (Halb-Stunden-Sätze), weshalb diese Möglichkeit nur bei viel Geld anzuraten ist. Besser ist es stets, sich selbst in die Materie so einzuarbeiten, dass man die Anfangsschwierigkeiten (Lese- und Interpretationsprobleme der handgeschriebenen Texte) selbst überwinden kann. Und somit selbst ins Archiv zu fahren und selbst zu suchen.  Dass man zur Einarbeitung natürlich einen nicht unerheblichen Zeitaufwand investieren muss, dürfte klar sein. So werden am Anfang Lese- und Interpretationsfehler nicht ausbleiben. Bei schlecht geschriebenen Texten haben auch "alte Hasen" durchaus ihre Leseprobleme. Daher ist es keinerlei Grund zur Scham oder zum Schweigen, wenn man was nicht lesen kann. Wie hat eine sehr engagierte Forscherin vor einiger Zeit einmal formuliert: (sinngemäßes Zitat): Diese alten handgeschriebenen Texte zu lesen ist anfangs eine Herausforderung. Man fühlt sich wie ein Erstklässler. Ich musste das Lesen neu lernen. Heute bin ich stolz darauf, dass ich das lesen kann". (Zitat Ende). So ging es jedem von uns. Also: keine Scheu und fragen, fragen, fragen und üben üben üben. Es ist wie mit einer Fremdsprache: nur wenn man sie praktiziert, wird man im Laufe der Zeit gut. In der Konsequenz bedeutet dies, dass man eine Familien- oder gar Heimatforschung niemals ausschließlich auf der Basis des Internets durchführen kann. Man wird immer (zumindest zu unseren Lebzeiten) auf die Archive und der dort gelagerten Unterlagen angewiesen sein.

Weitere Kosten können natürlich dadurch entstehen, wenn Sie sich Kopien von einzelnen Dokumenten anfertigen lassen. Ich empfehle daher, die Texte buchstabengetreu abzuschreiben (auch wenn es unserer heutigen Rechtschreibung widerspricht; Quellenangabe nicht vergessen!!!) und sich nur dann eine (möglichst elektronische) Kopie anfertigen zu lassen, wenn es Lese- oder Interpretationsprobleme gibt.

Hinwiesen möchte ich Sie noch auf zwei gerne von Anfängern gemachten Fehler, die oft zu viel unnötiger Arbeit führen:
Da findet man durch Zufall irgend einen Familiennamensträger in irgend einem Ort z.B. im Jahr 1680. Man selbst hat seine eigene Familie und diesen Zweig aber bisher nur zurückverfolgt bis z.B. 1750. Obendrein in
einem anderen Ort (selbst wenn es der Nachbarort oder sogar der gleiche Ort ist).  Somit fehlen 70 Jahre. Das sind zwei, vielleicht sogar drei Generationen. Machen Sie nicht den Fehler, sich jetzt auf diesen
Namensträger von 1680 zu stürzen und möglichst viel über ihn herauszubekommen, inklus. Eltern etc., denn möglicherweise gehört er ja gar nicht in Ihre Ahnentafel, sondern ist nur sehr weitschichtig mit Ihren Vorfahren verwandt. Regel: Kontinuität - keine Sprünge! Immer und stur von Generation zu Generation rückwärts gehen. Erst wenn die so gefundenen Daten keine Widersprüche aufweisen (z.B. Heiratsdatum nach
dem Sterbedatum; Heiratsdatum im Alter von 10 oder 12 Jahren etc.) und auch die Rufnamen aller beteiligter Personen passen (nicht einmal Mutter "Maria" und in anderem Dokument "Katharina" etc.) erst dann kann man die Daten als gesichert gelten lassen. Bei Heiraten und Taufen auch die Zeugen und Taufpaten mit Orten erfassen, da es sich oft um Verwandte handelt und somit manchmal eine Lösung eines  Widerspruches über die Paten/Zeugen möglich ist.
Der zweite Fehler ist, dass man sich auf die heutige Schreibweise versteift: "Uns schreibt man aber .... und die in dem Dokument schreibt man ja anders". Bitte machen Sie sich bewusst, dass es eine schriftliche
Fixierung von Namensschreibweisen erst seit 1875 gibt! (Einführung der Standesämter). Davor hat man phonetisch geschrieben, das heißt: man hat es so niedergeschrieben, wie man es gehört hat. Somit gibt es weder bei Namen noch bei Wörtern aus der Alltagssprache vorher ein "richtig" oder ein "falsch" bezüglich der Schreibweise. Die Phonetik im Dialekt zählt - nichts anderes. Dass natürlich teilweise schon "verhochdeutscht" niedergeschrieben wurde ist klar - aber man kann sich darauf nicht verlassen.

Für Anfänger ist es am Besten, zuerst mit den kirchlichen Unterlagen (*oo+) zu beginnen. Das Nummernsystem, welches sich weltweit durchgesetzt hat, ist das nach Kekulé (siehe Wikipedia
"Kekule-Nummer"). Beginnend immer mit der allerjüngsten Person der Familie..


Der Weg ins Archiv

Die Adressen der hiesigen Archive finden Sie im Internet. Die Archive erteilen auch schriftliche Auskünfte. Diese müssen Sie natürlich nach Arbeitsaufwand bezahlen. Billiger und zweifellos interessanter ist es, die Bücher bzw. die Mikrofilme davon selbst anzuschauen und abzuschreiben. Als urkundlicher Nachweis können von den Mikrofilmen preiswert Kopien erstellt werden. Von Original-Büchern sind keine Kopien möglich, nur Fotos.

Zweckmäßig ist, einen Archivbesuch telefonisch anzumelden. Beim ersten Besuch im Archiv müssen Sie ein Benützer-Formular ausfüllen, sich ausweisen und den Zweck Ihrer Forschung angeben, also zum Beispiel Familienforschung. Siehe Seite Erster Besuch in einem Archiv

Für eine Gebühr von 5 Euro können Sie einen Tag lang im Bistums-Archiv die Filme von 2 Pfarreien anschauen. Ausleihen und Mitnehmen von Archivalien ist natürlich nicht möglich. Die Gebühr ist nur für die Aushändigung der Filme oder Bücher. Suchen und Lesen des gewünschten Eintrages ist Ihr Problem:

Such- und Leseprobleme

Zunächst müssen Sie auf dem Film das richtige Buch finden:

Taufen haben den Titel Liber Baptizatorum, Baptist... hat immer mit Taufe zu tun. Parentes sind die Eltern, Patrini die Taufpaten.

Heiraten tragen den Titel Liber Coniugatium oder Matrimonium oder Sponsalium. Unter Sponsi (Mehrzahl von sponsus) steht der Bräutigam, Sponsa / Sponso die Braut, Parentes sind die Eltern, Testes die Trauzeugen.

Liber Defunctorum ist das Sterbebuch.

Die Heiraten sollten Sie zuerst anschauen, sie sind am ergiebigsten.

Reihenfolge der Einträge

Die Ereignisse wurden eingetragen, als sie sich ereigneten. Die Pfarrbücher sind also nach Datum geordnet. Wenn Sie von mir das Datum wissen, brauchen Sie nur diese Stelle suchen. Auch eine Jahreszahl ist eine große Hilfe, denn kleine Pfarreien hatten nicht viele Einträge in einem Jahr.

Bereiten Sie sich für den Archivbesuch vor, indem Sie möglichst präzise mitbringen, wen Sie in welcher Pfarrei unter welchem Datum suchen. Ziellose Suche ist stets enttäuschend.

Lesen der Einträge

Hier haben die Anfänger die meisten Probleme. Erstens ist die alte, im 19. Jahrhundert die Deutsche Schrift, schwer zu lesen. Zweitens sind die Einträge mit lateinischem Text versehen. Dafür ist lateinischer Text in lateinischer Schrift geschrieben, die uns heute geläufiger ist, als die deutsche Schrift. Personennamen und Ortsnamen sind selten in Latein übersetzt, Vornamen häufiger. Wichtig ist eigentlich nur, lateinische Berufsbezeichnungen zu lernen. Einige sind unten aufgelistet.

Beispiele für lateinische Heiratseinträge mit Abbildung des Originales finden Sie unter Leseübung.

Enthält ein Eintrag mehr Text, etwa bei einem Heiratseintrag, so lassen Sie zweckmäßig eine Kopie davon anfertigen und studieren den Text zuhause in Ruhe oder Sie lassen sich von erfahrenen Leuten helfen. Das Archivpersonal ist dafür nicht zuständig, denn das ist in der Gebühr von 10 Euro nicht enthalten. Sie können aber im Archiv eventuell Namen von kompetenten Leuten erfahren.

Häufige lateinische Berufsbezeichnungen im ländlichen Bereich

rusticus , colonus, colony = Bauer, solanus = Einödbauer

partiarius = Gütler

domuncularius, aedicularius = Häusler

accola, incola = Inwohner, ohne Hauseigentum

aedituus = Mesner, custos = Mesner oder Hirt, pastor = Hirt

molitor, molinarius = Müller

faber .. = Handwerker, faber ferrarius = Schmied, faber lignarius = Zimmermann, faber murarius = Maurer

sartor = Schneider, sutor = Schuster,

textor, lanarius , lanifex, linifex = Weber

pistor = Bäcker, piscator = Fischer, lanio oder lanius = Metzger,

balneator = Bader,

hospes oder caupo = Wirt, venator = Jäger Förster

Lateinische Verwandschaftsangaben

pater = Vater, patrinus = Pate

mater = Mutter, matrina, materna = Patin

uxor = Gattin

p.m.   post mortem,  bei den Eltern der Brautleute bereits gestorben

pp.mm. heißt daß beide Eltern gestorben sind.

vidua = Witwe, viduus = Witwer, relicta = zurückgelassene (Witwe)

filia = Tochter, filius = Sohn

legitimus = ehelich, illegitimus = unehelich

sponsa = Braut, sponsus = Bräutigam

testes = Zeugen

iuvenis = Jüngling, ledig,

virgo = Jungfrau, pudica = Mädchen

proles, liberi = Kind, Kinder

hon., honestus = ehrbar.

Staatsarchive

Die Staatsarchive haben eventuell die interessanteren Archivalien für die Familienforscher.
Nach den Kirchenbüchern  kann man  beginnen, die weltlichen Unterlagen - die sogenannten Briefprotokolle - (Kaufbriefe, Übergabebriefe, Schuldbriefe = Kreditaufnahmen,
Erbverträge, Quittungen etc.) auszuwerten. Diese Unterlagen liegen in den Staatsarchiven bzw. im Hauptstaatsarchiv. Hier  gibt es über die Kirchenbücher hinaus noch Möglichkeiten, weiter zu forschen, wenn z.B. die Kirchenbücher Lücken (Verlust der Kirchenbücher, Pfarrstelle unbesetzt,  etc.) aufweisen oder wenn sich Eintragungen widersprechen.

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(C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de