Genealogische Datensammlung Kiening: Häuserbuch Landkreise München, Dachau, Fürstenfeldbruck, Freising und Friedberg.
Das Gebiet nordwestlich von München besteht aus zwei
grundverschiedenen Landschaften: Schotterebene und Hügelland.
Zum Ende der Eiszeit war zwischen den Gletschermoränen vor den
letzten Eiszeitgletschern und dem älteren "Tertiär-Hügelland" eine
Vertiefung, die von den gewaltigen Schmelzwasser-Strömen der
Gletscher mit runden Kieselsteinen aus dem Ursprungsgebiet
der Gletscher zur Schotterebene aufgefüllt wurde.
Die Schotterebene steigt zum Gebirge hin leicht und stetig an. Die tiefen Ausläufer sind durch das austretende Grundwasser versumpft, das Dachauer Moos genannt. Das Gegenstück östlich der Isar heißt das Erdinger Moos. Die Moore wurden erst durch die Entwässerung der letzten 2 Jahrhunderte für Ackerbau und Besiedelung erschlossen.
Steigt die Schotterebene über die Grundwasserhöhe, so ist sie eine trockene Heide mit spärlichem Graswuchs. Die Siedlungen auf der Ebene waren arm, denn Ackerbau war kaum möglich und die Viehweide war mager.
Etwas südlich von München liegt der ansteigende Schotter so hoch über dem Grundwasser, dass kein Brunnenbau mehr möglich war. Deshalb ist dieses Gebiet unbesiedelt und mit großen Wäldern bedeckt, hier als Forstenrieder Park und Kreuzlinger Forst bezeichnet. Die Fortsetzung östlich der Isar heißt Grünwalder Forst und Ebersberger Forst.
Jenseit der Wälder im hügeligen Moränenland bis zum Alpenrand liegt das Land so hoch, der Winter ist lang und die Niederschlagsmenge so groß, dass Getreide nicht mehr gut reift. Das Hügelland südlich des Waldgürtels kennt deshalb nur Viehzucht und Weidewirtschaft.
Der Waldgürtel trennt das Gebiet der Ackerbauern von dem
der Viehzüchter und bildet die südliche Grenze meines
Forschungsgebietes. Er ist eine natürliche Grenze für die
Heiraten, denn die Wegstrecke zwischen den Orten beiderseits des
Waldes war zu weit.
Die geologisch älteren Tertiär-Hügel bestehen
aus fein verwittertem fruchtbarem Ackerboden und werden mit
allen Getreidearten,
bis um 1800 in Dreifelder-Wirtschaft
bebaut. Hier ist das Gebiet der reichen "Dachauer Bauern"
und "Holledauer Bauern". Verächtlich nennen sie die
Bewohner der Schotterebene die "Steinbeißer" und die Orte im
Sumpfgebiet "Krälnfresser" (vermutlich Kröten- oder Frosch-Esser).
Häufig haben die Hügel flachere Süd- und Osthänge, die als Acker
genutzt sind, und steilere Nord- oder Westhänge, die mit Wald
besetzt sind. Diese Formen sollen durch Erosion entstanden sein.
Die Bauernsiedlungen sind unregelmäßig groß und
verstreut, der Geländeform angepasst. Viele Ortsnamen haben
einen Bezug zu Wasserstellen oder Wasserläufen, z.B. -bach, -moos,
-brunn, -lach, -ach, Glon, Glonn, -roth. Das dürften die ältesten
Siedlungen sein mit keltischem oder noch früherem Ursprung als
Lagerstätten von Nomaden und ihren Herden..
Es folgen die für die Gegend typischen -hausen Ortsnamen, die Hauserbauern . Diese Orte haben stets guten lehmigen Ackerboden und die reichsten Bauern. Schon aufgrund der Bodenqualität ist hier seit der Kelten- und Römerzeit ein ununterbrochener Ackerbau anzunehmen. Kelten, Römer und die nachfolgenden Alemannen sind dabei nur als Herrschaftsschicht und Besatzungsmacht anzusehen.
Als nach Abzug der Römer Alemannen oder Baiern das Land
besetzten, entstanden die Orte mit der typischen Endung -ing. Da
die guten Ackerböden hier schon alle besiedelt waren, blieben für
die Einwanderer nur die Flussauen und Schotterebenen. Die
nomadischen Viehzüchter und ihre Herden waren mit diesen
schlechten Kiesböden zufrieden.Alle -ing-Orte hier haben als
ursprüngliche alte Flur fast nur schlechte Ackerböden oder keine
für Ackerbau geeigneten Gründe..
Im Hügelland wurde die Viehzucht nur für den Eigenbedarf an Schlacht- und Zugtieren betrieben. Der Reichtum kam aus dem Getreideanbau. Der Getreideüberschuss wurde an der Schranne (Getreidemarkt) in München von den Bauern selbst verkauft. Händler für landwirtschaftliche Produkte erscheinen erst um 1850.
Ich weiß, dass ich mit meiner Darstellung der Besiedelung die alte Schulmeinung auf den Kopf gestellt habe. Zumindest für das Gebiet München - Dachau - Freising erscheint mir diese Reihenfolge als einzig logische, denn auch im Altertum konnte jeder Bauer guten und schlechten Boden unterscheiden. Natürlich wurden zuerst die guten und dann die schlechten Böden besiedelt.
Das Hügelland wird von breiten Flusstälern durch schnitten, wie das Glonntal bis zur Amper, dann diese bis zur Mündung in die Isar. Weiter westlich das Paartal, nördlich das Ilm- und Abenstal. Es müssen große Flüsse gewesen sein, die solche Täler graben konnten, nach Meinung der Geologen schon vor der Eiszeit. Die heutigen winzigen Rinnsale in den großen Tälern waren mit ihrer gleichmäßigen Wasserführung ideal zum Antrieb vieler Mühlen geeignet. Die Mühlen dürften so alt wie der Getreideanbau hier sein, müssen aber nicht immer an der gleichen Stelle gestanden haben.
Die beiden Landschaftstypen im Bearbeitungsgebiet: Schotterebene und Hügelland, unterscheiden sich nicht nur in der Wirtschaftsform, sondern bilden auch getrennte Heiratskreise. Von den Steinbeißern der Ebene heiratete selten jemand in das Hügelland. In umgekehrter Richtung gab es mehr Heiraten, aber häufig sind sie nicht.
Insgesamt ist die Fortpflanzung der reichen Bauern im Hügelland stärker. Sie tauchen viel öfter in Ahnentafeln auf als die Bewohner der Schotterebene.
Bei den Bürgern der Stadt München gab es von 1650 bis 1800
praktisch keine nachhaltige Fortpflanzung. Dem Verfasser ist noch
keine Ahnentafel bekannt, die bürgerliche Vorfahren aus dieser
Zeit und deren Nachkommen bis in die Gegenwart enthält.
Bis in die Gegenwart gab es zwischen Föhring und Freising keine
Brücke über die Isar.
Außerdem war östlich der Isar bischöflich Freisinger Gebiet, das
nicht zu Bayern gehörte. Heiraten über die Isar und
Landesgrenze hinweg sind nur im näheren Umkreis der beiden Brücken
zu finden. Das Gebiet östlich der Isar wurde in meiner Genealogie
nicht bearbeitet.
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(C) Josef Kiening, zum Anfang www.genealogie-kiening.de